Leo Trotzki

Poträt des Nationalsozialismus

Ausgewählte Schriften 1930-1934

Arbeiterpresse Verlag, Essen, 1999

ISBN: 3-88634-073-2

 

Porträt des Nationalsozialismus

Diese Faschismus-Texte zeigen Trotzki einmal mehr als tiefgründigen Denker und wahren Erben von W.I. Lenin, denn als erster erkennt er die wirkliche soziale Dynamik der faschistischen Bewegung und warnt vor den Folgen der Politik Stalins. Indem er die Komintern-These von der SPD als Partei des "Sozialfaschismus" zutreffend als ultralinke Position definiert, kommt er zu der einzig möglichen Schlußfolgerung: um den Faschismus erfolgreich abzuwehren, bedurfte es der sofortigen Einheitsfront zwischen Sozialdemokratie und Kommunisten von oben und von unten, der proletarischen Klasseneinheit. Er sieht richtig voraus, das ein Festhalten der Stalin-Thälmann-Fraktion an der Forderung, erst die SPD zu schlagen und danach erst den Faschismus, zu einer Katastrophe führen muss. Nach dem Eintritt der historischen Niederlage der deutschen und internationalen Arbeiterbewegung mit dem Machtantritt der Faschisten, und das gehört zur Ironie der Geschichte, übernahm die Komintern stillschweigend die Positionen der internationalen Linken Opposition, ohne ein Wort der Selbstkritik an ihrem eigenen Versagen und zu ihren früheren Fehleinschätzungen. Im Gegenteil, in der KPD-Geschichtsschreibung der DDR wurde weitgehend so getan, als hätte es schon lange vor 1933 eine klare Orientierung auf die Einheitsfront gegeben, die lediglich am Widerstand der rechten SPD-Führer gescheitert wäre. Für die Geschichte des Marxismus ebenso wichtig ist aber auch Trotzkis Charakterisierung des Faschismus als soziale Bewegung der Kleinbürgertums, das von der Bourgeoisie gegen die Arbeiterklasse mobilisiert wurde, die sich doch wesentlich von der dimitroffschen Plattheit einer "Herrschaft der Finanzbourgeoisie" unterscheidet. Auch die Analyse der NS-Ideologie in der titelgebenden Schrift ist von bleibendem theoriegeschichtlichen Wert. Für Leser aus den neuen Bundesländern ist sicher ebenfalls bemerkenswert, das nicht Thälmann, sondern Trotzki der erste war, der warnend darauf hinwies, das "Hitler an der Macht - Krieg gegen die Sowjetunion" bedeuten würde.

Da Trotzki in seinen Schriften offen alle theoretischen Differenzen mit seinen politischen Gegnern benennt und die gegnerischen Positionen auch korrekt darstellt, sind diese Texte nicht nur historische Analysen, sondern zugleich auch Lehrstücke in der methodischen Anwendung der historischen Materialismus und damit von großer Aktualität im Kampf gegen den heutigen Rassismus, Nationalismus und die imperialistischen Weltherrschaftspläne.

Rezensent: Peter Feist