Afghanistan - ein imperialistischer Krieg

Der US-Krieg gegen Afghanistan ist ein imperialistischer Krieg, kein Feldzug gegen den Terror. Der terroristische Doppelschlag vom 11. September lieferte den Vorwand für die Angriffe der Vereinigten Staaten, er kann sie nicht rechtfertigen.

Die Täter der Terroranschläge sind tot. Irgendwelche stichhaltigen Beweise zur Identität von Hintermännern gibt es nicht. Die Beweise der NATO gegen Bin Laden sind nichts als willkürlich aneinandergereihte Vermutungen. Selbst die NATO-Propagandisten gestehen ein, daß sie über keine gerichtsfesten Beweise verfügen. Ihre Beweisführung verfährt nach dem Motto, Bin Laden und seine Organisation Al Qaida könnten die Drahtzieher gewesen sein und verdient haben sie ihre Vernichtung allemal. Der US-Imperialismus ist bei dieser Gelegenheit auch entschlossen, seinen außer Kontrolle geratenen islamistischen Kreaturen, dazu zählen auch die Taliban, den Garaus zu machen. Aber es geht um mehr, nämlich seine Ordnungsvorstellungen im Mittleren Osten, die mit den Taliban nicht zu realisieren sind.

Donald Rumsfeld, US-Kriegsminister, hat bereits erklärt, “die Neutralisierung” der Al Qaida sei nicht “Ziel und Ende dieser Sache”, weil es weltweit noch fünfzig weitere “Zellen” gebe. Nicht nur Politiker der dritten Reihe, sondern auch Bush hat klar gemacht, daß es um mehr geht: “Heute konzentrieren wir uns auf Afghanistan, aber die Schlacht ist breiter angelegt. Jede Nation hat eine Wahl zu treffen. In diesem Konflikt gibt es keinen neutralen Boden. Wenn eine Regierung die ächter und Mörder von Unschuldigen sponsert, dann werden sie selbst zu Geächteten und Mördern. Und sie werden den einsamen Pfad auf eigene Gefahr einschlagen” (zitiert im ND v. 09.10.01, S. 3).

Der US-Imperialismus konnte sich deshalb auf kein Angebot des Taliban-Regimes einlassen, ein förmliches Auslieferungsverfahren gegen Bin Laden durchzuführen. Bush gab die Parole aus: Auslieferung Bin Ladens - ohne jede juristische Förmlichkeit. Dead or alive. So lautete das Ultimatum an Afghanistan. Nach dessen Schuld, so das Kalkül der Bush, Blair und Schröder, wird nach den ersten Bombardements nicht mehr gefragt werden. Völkerrecht ist, was in Washington oder in der Brüsseler NATO-Zentrale beschlossen wird.

Das imperialistische Ultimatum an Afghanistan ist zugleich eine unmißverständliche Botschaft an alle Staaten der dritten Welt: Der Imperialismus duldet keine relevanten Einmischungen in seine Angelegenheiten, weder in den USA noch im Mittleren Osten. Und er zeigt, daß er die Regeln der westlichen Zivilisationen zwischen Nord und Süd nicht gelten lassen will. Die vorgebliche Antiterrorkoalition terrorisiert als ihre erste Tat die afghanische Bevölkerung. Sie treibt sie in Flucht, Hungersnot, Elend und Tod.

Unter dem Deckmantel des Kampfes gegen den Terrorismus beanspruchen dazu die vereinten imperialistischen Mächte schon jetzt darüber zu entscheiden, wie das Nachkriegsregime in Afghanistan aussehen soll. Die politischen Gruppierungen in Afghanistan haben sich in diesen Rahmen zu fügen, oder sie werden aussortiert. Von den hehren Regeln der Demokratie, die der Imperialismus in seinen Zentren so gerne beschwören läßt, ist dabei nicht die Rede. Es zählen keine demokratischen Freiheiten, keine elementaren sozialen Rechte der verelendeten Bauern, des städtischen Kleinbürgertums und der kleinen Arbeiterklasse. Und es zählen schon gar nicht die Rechte der Frauen. Diese sind gerade mal gut als nebensächliches Propagandabeiwerk gegen die Taliban. Es zählt nur die imperiale Ordnung der Region - auch wenn sich die Großmächte nur auf den ersten Schritt einigen können, den Sturz des Taliban-Regimes. Obwohl die Taliban, die in den u. a. vom CIA finanzierten Koranschulen in Pakistan großgezogen wurden, keine progressiven Ziele verfolgen, und nur eine von mehreren islamistischen Varianten des Klerikalfaschismus in der Dritten Welt sind, gibt es angesichts der reaktionären Kriegsziele des Imperialismus für uns keine Neutralität, sondern nur dies:


Nein zum imperialistischen Krieg!

Nein zum Bombenterror gegen Afghanistan!

Nein zur NATO!

Der Hauptfeind steht im eigenen Land!


D. Wilhelmi, 15.10.01