NATO — EU — UNO :

Hände weg vom Nahen Osten!

 

Der Nahe und Mittlere Osten sind derzeit das entscheidende Kampffeld zwischen Europa und den USA um die Hegemonie in der zukünftigen Weltordnung. Die Kontrolle der strategisch wichtigen Region mit ihren großen Erdöl- und Gasreserven ist zur Schlüsselfrage für die europäischen und US-amerikanischen Kapitalverbände geworden. Auf der Münchner Sicherheitskonferenz stehen sich unterschiedliche imperialistische Strategien gegenüber. Während der anglo-amerikanische Imperialismus auf militärische Gewalt zum Sturz unliebsamer Regierungen sowie die Errichtung von Besatzungsherrschaft und Marionettenregierungen setzt, versuchen die militärisch unterlegenen europäischen Imperialisten durch wirtschaftliche Investitionen, Diplomatie und Militärhilfe für die jeweiligen Regime Einfluß in der Mittelostregion zu gewinnen. “Die deutsche Wirtschaft hat guten Grund, das Potential der Region Nordafrika Mittelost zu nutzen”, heißt es in der Einladung zur zusammen mit der Sicherheitskonferenz stattfindenden Finanzierungskonferenz Nordafrika/Mittelost. “Die Region ist uns generell wohlgesinnt, von hoher strategischer Bedeutung.” Die Ablehnung eines Angriffs auf den Iran durch die Bundesregierung ist ebensowenig pazifistisch motiviert, wie die offizielle Nichtteilnahme Deutschlands am Krieg gegen den Irak. Ein US-Militärschlag gegen den Iran würde deutschen Interessen zuwiderlaufen. Schließlich ist das Mullah-Regime in Teheran ein wichtiger Handelspartner und soll Deutschland als Erdgaslieferant aus der russischen Abhängigkeit im Energiesektor befreien.

EU-Beitritt der Türkei

Die geplante Ausweitung der EU auf die Türkei dient vor allem den Interessen des deutschen Großkapitals, um das Land als Wirtschaftskolonie auszubeuten und als Landbrücke zu den Öl- und Erdgasressourcen des Mittleren Ostens zu nutzen. Ein EU-Beitritt sollte von türkischen und kurdischen Werktätigen nicht unterstützt werden, da es sich um ein imperialistisches Projekt handelt. Statt Demokratie, Wohlstand und Reisefreiheit wird den anatolischen Arbeitern und Bauern mit dem langjährigen EU-Anpassungsprozeß die neoliberale Agenda von Privatisierungen, wirtschaftlicher Deregulierung, Abbau gewerkschaftlicher Rechte und der Vernichtung großer Teile ihrer Landwirtschaft aufgezwungen. Während SPD und Grüne gegenüber der Türkei durch ihre Zustimmung zur Aufnahme von Beitrittsverhandlungen wenigstens den Schein von Gleichberechtigung wahren, vertreten CDU/CSU mit dem Modell einer “privilegierten Partnerschaft” ganz offen ein neokolonialistisches Projekt, daß die Türkei zum reinen Befehlsempfänger des europäischen Großkapitals machen soll.

Dem von den Unionsparteien im Verbund mit NPD- und DVU-Faschisten losgetretenen antitürkischen und antiislamischen Rassismus in Deutschland gilt es in breiten Bündnissen von Gewerkschaften, Emigrantenvereinen und antifaschistischen Initiativen entgegenzutreten.

Deutsche Waffen, deutsches Geld ...

Während die Bundesregierung nach außen ihr pazifistisches Deckmäntelchen zu wahren sucht, um sich die Freundschaft ihrer nahöstlichen Handelspartner nicht zu verscherzen, mischt Deutschland auch militärisch im Nahen und Mittleren Osten mit. KSK-Rambos der Bundeswehr kämpfen in Afghanistan an der Seite der US-Truppen gegen Widerstandskämpfer, ihre Gefangenen kommen in US-Foltercamps. Deutsche Soldaten bewachen US-Flughäfen und Kasernen in Deutschland, von denen der Nachschub für die Besatzungstruppen in den Irak gebracht wird. Irakische Kollaborateure werden auf der NATO-Schule im bayerischen Oberammergau ausgebildet, und die Bundeswehr leistet der irakischen Truppe Ausbildungs- und Materialhilfe. So, wie in der Vergangenheit die mörderischen Regime im Iran, Irak und der Türkei aufgerüstet wurden, liefern deutsche Rüstungskonzerne jetzt Militärgüter an nordafrikanische Staaten. Regime wie Libyen und Tunesien werden zu Grenzwächtern der EU gegen afrikanische Flüchtlinge. Die Opfer der von Bundespräsident Horst Köhler als ehemaligen IWF-Chef mit zu verantwortenden Hungerpolitik in Afrika werden mit Internierungslagern an der Flucht nach Europa gehindert. Der selbe Horst Köhler verlangt jetzt den Einsatz deutscher Soldaten im Sudan.

Wir treten für den Rückzug aller deutschen Truppen aus dem Ausland ein und fordern offene Grenzen für Flüchtlinge und Migranten als Opfer einer vom deutschen Großkapital mitverschuldeten mörderischen Weltwirtschaftsordnung.

Illusionen in die UNO

Gegenüber militärischen Alleingängen der USA pochen die europäischen Staaten aufgrund ihrer militärischen Schwäche bei ihren imperialistischen Bestrebungen gerne auf den Rahmen der Vereinten Nationen. Ihnen stehen Teile der Friedensbewegung und selbst der sozialistischen Linken durch ihre Illusionen in die UNO bei. So warnte ein DKP-Funktionär im Namen des Bündnisses “München gegen Krieg” UN-Generalsekretär Kofi Annan, nicht an der Sicherheitskonferenz teilzunehmen. “Dem Ansehen der Vereinten Nationen und der Sache des Friedens würden Sie auf diese Weise großen Schaden zufügen.” Hat das Bündnis schon vergessen, daß die UNO für das Hungerembargo gegen den Irak verantwortlich war, dem über eine Million Menschen zum Opfer fielen? Die Geschichte zeigt, daß die UNO entweder eine Schwatzbude oder eine Räuberhöhle der Großmächte im Sicherheitsrat ist, die sich ihre gemeinschaftlichen Beutezüge völkerrechtlich absegnen lassen, aber jede ihnen nicht genehme Maßnahme durch ein Veto blockieren. So haben die USA bis heute jede konkrete Maßnahme zur Umsetzung der Resolutionen der UN-Vollversammlung zum Rückzug Israels aus den 1967 besetzten arabischen Gebieten verhindert.

Solidarität mit dem Widerstand im Irak

Zu ihren Illusionen in die UNO paßt die widersprüchliche Haltung der DKP gegenüber dem Widerstand im Irak. Während viele Aktivisten der Partei einerseits eine wichtige Rolle in der Friedensbewegung spielen, rechtfertigt die DKP-Führung andererseits in der Parteipresse und auf Veranstaltungen die Kollaboration ihrer irakischen “Bruderpartei” mit den US-Besatzungstruppen. Die Irakische Kommunistische Partei IKP ist Teil der von den Besatzungsmächten installierten Übergangsregierung. Während die IKP zu den Massakern der US-Truppen in Falludscha schweigt, verurteilt sie den bewaffneten Widerstand gegen die Besatzung als “terroristisch”.

Wir meinen dagegen: Widerstand gegen eine ausländische Besatzung ist ein unveräußerliches Recht. Der irakische Widerstand setzt sich aus verschiedenen Kräften zusammen. Diese vertreten unterschiedliche Ideologien und haben unterschiedliche Ziele, doch sie alle wollen, daß die ausländischen Besatzungstruppen den Irak verlassen. Solidarität mit dem Widerstand bedeutet nichts anderes als Solidarität mit seinem Kampf, die Besatzungsarmeen herauszuwerfen. Weder Washington noch Brüssel sollten über Iraks Zukunft entscheiden, genausowenig wie die DKP oder die deutsche Friedensbewegung. Die Iraker werden selbst entscheiden. Das bedeutet Selbstbestimmung.

Sozialismus oder Barbarei

Eine andere — sozialistische - Welt ist notwendig, wenn die Menschheit überleben will. Wir schließen uns daher den Worten des Revolutionärs Leo Trotzki aus dem Kriegsjahr 1940 an: “Im Gegensatz zu den offiziellen Geschichten, die konstruiert wurden, um die Leute zu betäuben, ist der Hauptgrund des Krieges sowie aller anderen gesellschaftlichen Übel — Arbeitslosigkeit, die hohen Lebenshaltungskosten, Faschismus, koloniale Unterdrückung — das Privateigentum an den Produktionsmitteln zusammen mit dem bürgerlichen Staat, der auf dieser Grundlage beruht. Mit dem gegenwärtigen Stand der Technologie und den Fähigkeiten der Arbeiter ist es durchaus möglich, angemessene Bedingungen für die materielle und geistige Entwicklung der gesamten Menschheit zu schaffen. Es wäre nur nötig, das wirtschaftliche Leben in jedem Land und auf unserem ganzen Planeten korrekt, wissenschaftlich und rationell nach einem allgemeinen Plan zu organisieren. Solange jedoch die Hauptproduktivkräfte der Gesellschaft in den Händen der Konzerne liegen, d.h. in den Händen von getrennten Kapitalistencliquen, und solange der Nationalstaat ein williges Werkzeug in den Händen dieser Cliquen bleibt, muß der Kampf um Märkte, um Rohstoffquellen, um die Weltherrschaft unweigerlich einen mehr und mehr destruktiven Charakter annehmen. Die Staatsmacht und die Beherrschung der Wirtschaft kann den Händen dieser räuberischen imperialistischen Cliquen nur durch die revolutionäre Arbeiterklasse entrissen werden. Das ist die Bedeutung von Lenins Warnung, daß ohne eine Reihe erfolgreicher Revolutionen unweigerlich ein neuer imperialistischer Krieg folgen wird.”

 

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