Nazis triumphieren in Meerane

- offizieller Antifaschismus hilflos.

Ein Korrespondentenbericht

In der sächsischen Kleinstadt Meerane gab der ehemalige Landtags- und danach Kreitagsabgeordnete und Stadtverordnete der PDS, Uwe Adamczyk, nach einem Brandanschlag auf sein Haus am 16. September bekannt, daß er Meerane verlassen wird.

Dem Anschlag ging während des letzten Jahres eine Kette faschistischer Angriffe auf das Haus des Abgeordneten voraus. Nachdem in Meerane bekannt geworden war, daß der Rollstuhlfahrer Adamczyk einen Gebäudekomplex gekauft hatte, um dort einen faschistenfreien Jugendtreff mit Internetcafé sowie Wohnungen zu schaffen, wurde das Objekt zur Zielscheibe ablehnender Reaktionen der Nachbarschaft und der Rechten. Jugendliche wurden immer wieder angepöbelt, angegriffen und sogar verletzt. Schaufensterscheiben im Ergeschoß des Hauses wurden seit Dezember 2005 wiederholt mit Bierflaschen, Steinen und Fahrradständern eingeworfen und immer wieder mit NPD-Aufklebern verziert. Dazu versuchten rechte Schläger wiederholt, in das Haus einzudringen.

In der Nacht vom 15. auf den 16.09.06 erfolgte ein neuer Angriff. Mehrere Rechte zerschlugen ein Schaufenster, drangen ins Gebäude ein und setzten ein im Innern des Gebäudes abgestelltes Moped in Brand. Nur dank dem von einem Nachbarn sofort ausgelösten Feueralarm ist es zu verdanken, daß der Brand nicht auf das Gebäude übergriff.

Einsamer Antifaschismus

Während des monatelangen Terrors der Rechten hatte es für Adamczyk wenig praktische Solidarität gegeben. Offenbar findet es die PDS bereits ganz normal, daß linke Politiker in "national befreiten Zonen" belästigt werden, wenn sie sich mit linken und/oder alternativen Jugendlichen abgeben. Letzteres wurde allem Anschein nach auch von Teilen der PDS abfällig betrachtet. Adamczyk jedenfalls beklagt sich jedenfalls darüber, daß auch unter Mitgliedern der Linkspartei.PDS rechtes Gedankengut verbreitet ist. Adamczyk, der in seiner zehnjährigen Zeit als Abgeordneter die Nazis immer wieder mit parlamentarischen Anfragen zu den faschistischen Umtrieben geärgert hatte, war bei seinem einsamen Kampf gegen die Faschisten auf die Polizei angewiesen. Deren lustlose Ermittlungen verliefen geradezu zuverlässig im Sande. So, wie auch im Falle von Angriffen auf die Wohnung des freidemokratischen Bürgermeisters von Meerane oder auf einen Dönerladen.

Es wirkt deshalb wie ein Hohn, daß dem rechtspolitischen Sprecher der sächsischen Landtagsfraktion der Linkspartei.PDS, Klaus Bartl, nichts weiter einfiel, als von der Polizei und vom Innenminister zu fordern, sie solle Adamczyk schützen. Adamczyk, desssen Forderung nach Personenschutz durch die Polizei ebenso mit mitleidigem Lächeln abgelehnt worden war, wie zuvor der Ruf, die Polizeipräsenz in Meerane nicht auch noch auszudünnen, weiß nicht mehr so recht, wofür die Polizei noch da ist.

Nachdem wenigstens Adamczyks Ankündigung, seine parlamentarischen Ämter aufzugeben und Meerane zu verlassen, für Aufsehen gesorgt hatte, raffte sich die PDS mit Mühe dazu auf, am 4.Oktober zu einer Protestkundgebung in Meerane aufzurufen. Zu der Kundgebung mobilisierte sie nur ca. 150 Personen, die Rechten mobilisierten 60 Gegendemonstranten. Die Ankündigung des Kreisvorsitzenden der PDS, Mathias Salzwedel, den Rechten in Meerane nicht das Feld überlassen zu wollen, können die Rechten schwerlich ernst nehmen. Sie wissen, daß sie weder durch parlamentarische Anfragen, noch durch Appelle an die Polizei gestoppt werden, gegen sie vorzugehen. Last but not least wissen sie, daß der Ruf nach mehr Sozialarbeitern, Toleranz- und Präventionsprogrammen nichts ist, was sie zu fürchten haben. Nicht parlamentarische Lippenbekenntnisse verweisen die Faschisten in die Schranken, sondern breite Mobilisierungen und gegebenenfalls energische Aktionen.

Dies von der PDS zu erwarten, erscheint derzeit vergebens. Die hat aus den Erfahrungen der Weimarer Republik allem Anschein nach den abstrusen Schluß gezogen, die damals gescheiterte KPD-Politik durch den Rückgriff auf den schon damals kraftlosen, hilflosen und auf der ganzen Linie gescheiterten sozialdemokratischen Antifaschismus zu ersetzen. Auch der Sozialdemokratie fiel damals nichts anderes ein, als ein Eingreifen der Polizei zu fordern. Ebenso wie damals ermutigt die Schwäche der Linken die Faschisten.

Am 20.September triumphierte ein "alex" auf der rechten website altermedia mit einem Posting des faschistischen Störtebeker-Net: "Mehrmals haben seither offensichtlich sehr empörte Anwohner Maßnahmen ergriffen, um dem Spuk ein Ende zu bereiten.So landeten bereits Steine, Biergläser und Fahrradständer in den Schaufenstern des Gebäudes. Letztes Wochenende ging es etwas turbulenter zu." Und, mit mit einer gehörigen Portion Zynismus:" Körperliche Defizite können hier nicht entschuldigen oder gar für Verzicht auf entsprechende Konsequenzen dienen. Eine Hand wäscht nun mal die andere - auch wenn diese nur einen daumen haben sollte. - Die Schriftleitung". Ein sich "Heimatschutz" titulierender Nazi kommentiert: "Dieser geisteskranke Antifaverbrecher sollte noch viel mehr von seiner eigenen Medizin zu kosten bekommen. Was fällt diesem verdammten Krüppel denn ein?! (...) Soll Uwe Adamczyk doch froh sein, dass er hier als gesellschaftlicher und volkswirtschaftlicher Ballast mit durchgeschleppt wird und das schiefe Maul halten."

Es dürfte fraglich sein, ob diese ekelerregenden Kommentare Gegenstand strafrechtlicher Ermittlungen wegen Volksverhetzung werden oder die auf dem rechten Auge blinde Polizei darauf stoßen, in welche Richtung sie nach den Tätern des Anschlags auf Adamczyk ermitteln muß. Sie haben auch die Linkspartei.PDS nicht dazu veranlaßt, aus ihrer antifaschistischen Routine hochzuschrecken.

Solidarität mit Uwe Adamczyk!

Schluß mit dem faschistischen Terror!

Für einen effektiven Selbstschutz!