Bushs tödliche Freiheit

Eine im Sommer 2006 gemeinsam erstellte empirische Erhebung amerikanischer Wissenschaftler des Bloomberg-Instituts für öffentliche Gesundheit in Baltimore (USA) und irakischer Wissenschaftler der Medizinischen Fakultät der Universität Bagdad ergab, daß im Irak vor dessen militärischer Besetzung im statistischen Durchschnitt jährlich 5,5 von 1000 Einwohnern starben und daß die Rate seither Jahr für Jahr angestiegen ist. Seit der amerikanisch-britischen Invasion im Jahre 2003 betrug sie im Jahresdurchschnitt 13,3 Tote auf 1000 Einwohner. Im Zeitraum vom Mai 2005 bis Juni 2006 starben im Mittel 19,8 von 1000 Irakern.

Bisherige Untersuchungen mit deutlich niedrigeren Zahlen haben sich nicht auf repräsentative Erhebungen von Daten gestützt, sondern z,B. auf offizielle Angaben des irakischen Gesundheitsministeriums, Innenministeriums und anderer Quellen. Sie alle kamen auf geschätzte Zahlen unterhalb von 100.000 Toten. Eine irakische Nichtregierungsorganisation, Iraqiyun, hatte für den Zeitraum von April 2003 bis 2005 eine Zahl von 128.000 Toten genannt. Die US-Regierung gibt ihre Daten nicht bekannt.

Die Studie stützt sich auf die von vierköpfigen Ärzteteams durchgeführte Befragung von nach dem Zufallsprinzip ausgewählten 1849 Haushalten in 47 Erhebungsgebieten. Alle anerkannten Standards der empirischen Sozialforschung wurden beachtet. Es wurden in diesen Haushalten im Erhebungszeitraum 1474 Geburten und 629 Tote registriert. Die Toten inm dem erdboden gleichgemachten Falludscha wurden nicht berücksichtigt, um keine verzerrten Zahlen zu erhalten.

Hochgerechnet auf den gesamten Irak ergibt sich ein verläßliches Bild der Bevölkerungentwicklung. Danach haben in den untersuchten 40 Monaten seit der Invasion 942.636 Menschen ihr Leben verloren, verglichen mit 394.979 Toten in den 40 Monaten davor. Der Anstieg durch die Folgen der Besatzung beträgt 654.965 Tote. Davon sind 601.027 Menschen eines gewaltsamen Todes gestorben, die weitaus meisten davon durch Schüsse. Neben der direkten Gewalteinwirkung wurde der Anstieg der Sterberate durch die gestörte Versorgung mit sauberem Trinkwasser, die zerstörten Bewässerungssysteme und den Niedergang des Gesundheitssystems verursacht (zerstörte Krankenhäuser, schlechtere Versorgung mit Medikamenten, geflohene Ärzte).

Die Studie unterscheidet zwischen Toten, die der von Irakern ausgeübten Gewalt zugerechnet werden (gewaltsamer Tod unbekannter Ursache) und solchen, die von der US-geführten Koalition getötet werden (ca. 200.000). Im ersten Halbjahr 2006 nahm der Anteil der von den Besatzungstruppen Getöteten ab. Diese Unterscheidung übersieht, daß ein großer Teil der Toten den irakischen Kollaborateuren der Besatzungsstreitkräfte zugerechnet werden muß. Hinzu kommt, daß nach völkerrechtlichen Grundsätzen ein Aggressor auch für ihm nicht direkt zurechenbare Kriegsfolgen verantwortlich ist. Bush und Blair gehören deshalb wegen Führung eines Angriffskrieges und wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor ein internationales Kriegsverbrechertribunal. Jeder direkte und indirekte Unterstützung des Krieges und der Besatzung durch die deutschen Regierungen muß gestoppt werden!.

Dieter Wilhelmi (Berlin), 15.10.2006