Deutsche Irakpolitik - gegen Krieg, aber für Besatzung

Der Sprecher des Frankfurter Bündnisses gegen den Krieg, Christoph Stoodt hat die Ablehnung des Krieges gegen den Irak durch die Bundesregierung als Heuchelei bezeichnet. [1]

Claus Schreer hat in einem Beitrag des Instituts für sozial-ökologische Wirtschaftsforschung[2] die These aufgestellt, dass die Bundesregierung die Öffentlichkeit in der BRD getäuscht habe, indem sie sich als Friedensmacht aufgespielt, eine Kriegsgegnerschaft vorgespielt und in Wirklichkeit den Krieg mit allen Mitteln unterstützt habe. Diese These ist auch auf dem Gründungskongress des Deutschen Solidaritätskomitees Freies Irak vorgetragen worden. Sie ist in leicht abgeschwächter Form von Dimitri Tsalos in einem Gespräch mit Markus Bernhardt in der “trikont” Beilage[3] von junge Welt wiederholt worden. Die Reihe der Beispiele ließe sich beliebig fortsetzen.

Ich halte diese Thesen, insbesondere aber den Vorwurf der Täuschung, in doppelter Hinsicht für falsch. Denn er grenzt subjektiv an Selbsttäuschung, weil die Regierung Schröder das Bekenntnis zum Einsatz des Militärischen vom Beginn ihrer Amtszeit ganz offen gehandhabt hat und niemand für sich in Anspruch nehmen kann, getäuscht worden zu sein, und er geht objektiv in die Irre, weil die Verweigerung der Kriegsfolgschaft im Falle des Irak einem strategischen Interessengegensatz zwischen dem deutschen und dem amerikanischen Imperialismus folgt. M.E. ist dreierlei zu unterscheiden:

  1. die Weigerung der Regierung Schröder, am Krieg gegen den Irak teilzunehmen, und die Auswirkungen der politischen Positionierung der BRD gegen eine kriegerische Intervention im Irak
  2. die materielle Unterstützung für die Aggression gegen den Irak durch die Bundesrepublik Deutschland
  3. die materielle und politische Unterstützung des US-amerikanischen Besatzungsregimes im Irak durch Berlin

Schröder positioniert Deutschland politisch gegen den Irak-Krieg - Keine Wählertäuschung

Es sei daran erinnert, dass die Bundesregierung im August 2002 die Entscheidung getroffen hat, sich erstens nicht an dem Krieg gegen den Irak zu beteiligen und zwar unabhängig davon, welchen Beschluss der UN-Sicherheitsrat fasst, und dass sie zweitens politisch gegen eine militärische Intervention Stellung bezogen, das amerikanische Vorgehen als Abenteurertum kritisiert und jede finanzielle Zutat ausgeschlossen hat.

Diese Positionierung ist von der CDU/CSU-Opposition und einem Großteil der deutschen Medien, insbesondere von der FAZ und den Springerblättern heftig kritisiert, aber zunächst als bloßes Wahlkampfmanöver relativiert worden. Anfänglich wurde nämlich vielerorts gemutmaßt, dass Schröder sich durch den Antikriegskurs vor allem in den neuen Bundesländern einen Gewinn an Wählerstimmen erhofft. Die mehr konservativen und proamerikanischen Kreise erwarteten eine Kurskorrektur nach den Wahlen, weil sie an die sogenannte transatlantische Wertegemeinschaft glaubten. Die Linksaußen spekulierten ihrerseits auf einen Rückfall, weil sie von der unwissenschaftlichen These von der besonderen Aggressivität des deutschen Imperialismus gefangen sind.

Beide Seiten wurden im weiteren Verlauf, wenn auch nicht getäuscht, so doch enttäuscht. Denn die deutsche Außenpolitik hat den eingeschlagenen Kurs beibehalten und vermehrte Unabhängigkeit von der US-Außenpolitik demonstriert. Wählertäuschung fand in diesem Fall nicht statt.

Weder die deutsche, noch die internationale Politik fühlten sich getäuscht.

Der besagte Regierungskurs ist auch nach der Wahl heftig von den Oppositionsparteien im Bundestag kritisiert worden. Die CDU/CSU hat zwar auch nicht für eine Beteiligung mit deutschen Truppen plädiert, aber sehr wohl gefordert, dass die BRD die USA ihrer politischen Unterstützung beim Feldzug versichert. Man hielt Schröder vor, das transatlantische Bündnis zu gefährden, Europa zu spalten und die Bundesrepublik außenpolitisch zu isolieren.

Die US-Regierung reagierte enttäuscht bis feindselig auf die deutsch-französische Antikriegshaltung. Der hessische Ministerpräsident Koch wurde demonstrativ im Weißen Haus in Washington empfangen, während zwischen Bush und Schröder viele Monate lang Funkstille herrschte. Bush hatte die Losung ausgegeben, dass gegen die USA sei, wer nicht mit ihr ist. Rumsfeld hat das neue Europa dem alten gegenübergestellt und heftige Kritik an der BRD und Frankreich insbesondere geübt. Rice plädierte dafür, Frankreich abzustrafen und Deutschland zu vergessen. Aufträge zum Wiederaufbau sollten nur die Willigen bekommen, etc.

Alle diese politischen Kräfte haben die Haltung der Regierung Schröder zum Krieg gegen den Irak nicht als Täuschungsmanöver verstanden, sondern für bare Münze genommen und entsprechend darauf reagiert. Die Zeitgenossen, die das alles mitverfolgt haben, werden den Vorwurf der Täuschung deshalb nicht bestätigen.

Die Gegner der Schröder Position haben ihre Kritik im Kern aufrechterhalten, sie allerdings mit der Zeit abgemildert, und zwar nicht weil sie Schröders Politik nachträglich als Täuschung durchschaut hatten, sondern weil ihnen ihre eigne Position peinlich geworden war, nachdem die Amerikaner den Krieg zwar schnell gewonnen hatten, sich ihre Besatzungspolitik aber zum Fiasko auswuchs und nachdem offenbar wurde, dass alle von Washington und London angegebenen Kriegsgründe erlogen waren, und weil sie mit den Auftraggebern von systematischer Folter möglichst nicht identifiziert werden wollten.

BRD unterstützt Aggression gegen Irak materiell und rechtlich

Richtig ist dagegen, dass die BRD den Krieg gegen den Irak logistisch begünstigt hat, indem sie den USA ihr Territorium und Einrichtungen zur Kriegsvorbereitung und zur Kriegführung zur Verfügung gestellt hat. Die BRD hat somit im völkerrechtlichen Sinne an der Aggression teilgenommen. Damit im Einklang steht die Tatsache, dass die Regierung keinen einzigen prinzipiellen völkerrechtlichen Einwand gegen den amerikanischen Aggressionskrieg oder zur Begründung der eigenen Kriegsverweigerung vorgebracht hat. Außerdem war die Gewährung der Nutzungsrechte eine optionale politische Entscheidung der rot-grünen Koalition, zu der es keinerlei rechtliche Verpflichtung aus dem NATO-Bündnis gab, weil erstens internationales Vertragsrecht nicht im Widerspruch zum Völkerrecht stehen kann und weil zweitens die NATO als Organisation gar nicht in den Krieg eingegriffen hat.

Festzuhalten ist wiederum, dass die Bundesregierung an keiner Stelle behauptet hat, dass sie den Amerikanern die Benutzung ihrer Basen und den Truppeneinsatz von deutschem Boden aus untersagen würde, ganz abgesehen davon, dass ein solches Verbot von keiner maßgeblichen politischen Kraft in der BRD gewünscht worden und daher nicht durchsetzbar gewesen wäre. Festzuhalten ist ferner, dass die Gewährung der Nutzungsrechte stets als eine politische Entscheidung bezeichnet wurde und von einer rechtlichen Verpflichtung dazu aus dem NATO-Vertrag nie die Rede gewesen ist. Daher ist auch hier nicht zu erkennen, was den Vorwurf der Täuschung rechtfertigt.

Die aktuelle Debatte in den USA über die Umgruppierung der Streitkräfte, insbesondere die geplante Truppenreduzierung in Deutschland und die in Gang befindliche Aufstockung der amerikanischen Truppenstärke in Süd- und Osteuropa, sowie der Ausbau ihrer dortigen Stützpunkte demonstrieren aber, dass das logistische Drehkreuz Deutschland für US-Kriege nicht hinreichend zuverlässig eingeschätzt wird und relativ kurzfristig ersetzbar ist.

Die Bundesregierung hat 1999 ostentativ am völkerrechtswidrigen Aggressionskrieg gegen Jugoslawien, allerdings lediglich mit Teilbesatzungen in AWACS-Flügen teilgenommen. Schröder hat diese Teilnahme selbstbewusst als “Normalisierung des Militärischen” bezeichnet und seiner ersten Amtszeit ausdrücklich zugute gehalten. Er formulierte 1999 in einem SPIEGEL-Interview: "Über eines habe ich mich immer gewundert: wie wenig wahrgenommen worden ist, dass die Entscheidung zum Krieg eine fundamentale Veränderung der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik bedeutet hat. Ich behaupte: Keine andere Regierung als unsere hätte sie so treffen können und so ausgehalten ..." Da kann doch wohl von Täuschung nicht die Rede sein. Worum es sich in Wirklichkeit gehandelt hat, ist dies, dass die sog. Linke in der BRD einschließlich der Friedensbewegung jämmerlich versagt und sich einer durch und durch opportunistischen Selbsttäuschung hingegeben hat.

Im nächsten Krieg - gegen Afghanistan - hat Schröder den USA eine Hundertschaft einer Spezialeinheit durch ständig wiederholte Angebote aufgedrängt. In diesen beiden Kriegen hat die Bundesregierung ihr militärisches Engagement vollkommen offen betrieben, während die materielle Beteiligung eher gering war. Bei der Rechtfertigung ihrer Angriffshandlungen hat sie allerdings die Öffentlichkeit nach allen Regeln der Kunst belogen und getäuscht. Scharping hat den gefälschten Hufeisenplan aufgetischt und Fischer hat die Notwendigkeit des Krieges damit beschworen, dass anders ein zweiter Holocaust nicht abzuwenden wäre. Niemand und insbesondere kein Zentralrat der Juden hat ihm Verharmlosung der Naziverbrechen und Beleidigung der Opfer des Faschismus vorgeworfen, als es um die demagogische Rechtfertigung eines Angriffkrieges ging. Hier hatten wir es mit abgründiger Heuchelei zu tun. Und hier hatten wir es zu tun mit dem Verrat am Vermächtnis aus dem faschistischen Krieg zur Neuordnung der Welt, dass von deutschem Boden nie wieder Krieg ausgehen dürfe.

Demgegenüber hat die Bundesregierung den Einsatz des Krieges gegen den Irak abgelehnt. Ja, selbstredend aus ihren Interessen heraus und nicht aus sittlichem Empfinden oder rechtlichen Erwägungen. Zuvor hatte der deutsche Bundestag viele Jahre lang das von den USA erwirkte Embargo der UNO gegen den Irak abgesegnet, obwohl es Opfer im Massstab eines neuen Völkermords verursacht hat. Nicht durch Zyklon B aber dadurch, dass dem Lande die erforderliche Einfuhr von Lebensmitteln und Medizin vorsätzlich und gewaltsam verwehrt wurde. Auch hier war der Vorwurf der Heuchelei am Platze, hier, wo die besondere deutsche Verantwortung gepredigt aber nicht praktiziert wurde! Die Bundesregierung hatte ferner die unverhüllte Entwaffnungspolitik gegen den Irak unterstützt und das Inspektionsregime gegen den Irak voll mitgetragen. Vor Ausbruch des Krieges hat sie sogar für eine Verstärkung dieses Regimes und für seine Ausstattung mit einem sog. robusten Mandat plädiert. Sie hat also gegenüber dem Irak durchaus erkennbar eine Politik verfolgt, die ihr mehr Kontroll- und Einflussmöglichkeiten gebracht hätten, aber sie hat den Krieg als Mittel zu ihrer Durchsetzung nicht für nötig gehalten und in diesem Fall abgelehnt. Und nun da einer dieser seltenen Fälle eintritt, wo die Interessen einer Großmacht mit dem Völkerrecht im Einklang stehen, da kommt der Vorwurf der Täuschung.

In Wirklichkeit hat sich die BRD weder als Friedensmacht aufgespielt, noch ist sie besonders aggressiv aufgetreten. Beide Behauptungen stehen im Widerspruch zur Faktenlage. Mit ihnen aber entfällt auch die Substanz für den Täuschungsvorwurf.

Als Friedensmacht hätte sie auf Anerkennung der Souveränität des Irak pochen, das Recht des Irak auf Selbstverteidigung betonen und für territoriale Integrität und für Nichtangriff plädieren müssen. Das hat sie nicht getan. Als besonders aggressive Macht hätte sie mit Blair um die besseren Karten bei Bush gebuhlt und Kampf- oder Besatzungstruppen gestellt oder sich an den Kosten beteiligt, wie im ersten Golfkrieg. Das hat sie auch nicht gemacht.

Die Friedensbewegung sollte kritisieren, was die BRD zum Schaden des irakischen Volkes getan hat oder noch tut. Aber ihre Glaubwürdigkeit wird darunter leiden, wenn sie der Bundesregierung Handlungsweisen unterstellt, die mit der Realität nicht in Einklang zu bringen sind und nur sehr subjektive Einschätzungen zum Ausdruck bringen.

Positive Auswirkungen der Kriegsgegnerschaft

Die Haltung der Länder Russland, Deutschland und Frankreich zum Irakkrieg hat durchaus positive Wirkungen gezeitigt und dieser Aspekt wird in den kritisierten obigen Einschätzungen völlig ignoriert.

Sie hat zuvorderst verhindert, dass der Sicherheitsrat der UNO den Aggressoren ein Mandat zur Gewaltanwendung gegen den Irak erteilt hat. Das ist von immenser politischer Bedeutung.

Sodann hat die NATO sich wegen der Haltung Frankreichs und Deutschlands an dem Aggressionskrieg nicht beteiligt. Schließlich hat die Auseinandersetzung darüber, ob der Irak gewaltsam zu entwaffnen sei oder ob es mit anderen Mitteln bewerkstelligt werden könne, die NATO nachhaltig geschwächt und eine lange schwelende Krise im NATO-Bündnis über die Machtverteilung zwischen den USA und den Europäern offengelegt und vertieft. Es ist dabei bis zur deutsch-französischen Beistandsverweigerung an die Türkei im Falle eines für möglich erachteten irakischen Gegenschlages gekommen. Nato-Generalsekretär Scheffer hat soeben bekannt, dass die Nato derzeit kein politisches Profil hat und dass über die zentrale Frage der Finanzierung ihrer Missionen keine Einigkeit herrscht[4].

Das mächtigste Militärbündnis aller Zeiten ist als operative Organisation faktisch paralysiert. Es vermittelt den Eindruck, sich mit dem “Klein-Klein verschiedener Operationen” zu erschöpfen. Aktuell schützt die Nato das Regime in Kabul und sichert die Albanisierung des Kosovo. Ansonsten organisiert sie maritime Patrouillenfahrten und Ausbildungsmissionen. Es gelingt ihr derzeit nicht im entfernsten, die geplanten Ausbilderkontingente für den Irak zusammenzustellen.

Lange Zeit haben die linken und friedliebenden Kräfte die Forderung nach der Auflösung der NATO erhoben. Nun ist ein Riesenschritt in diese Richtung getan und er wird kaum beachtet.

Die tiefe Krise in der NATO hat es einigen Willigen aus der Kriegskoalition erlaubt, ihre Truppen vorfristig zurückzuziehen, ihr Kontingent zu verkleinern oder ihre Mitwirkung an der Besatzung nicht zu verlängern, siehe Spanien, Polen, Ungarn usw. Bei einem intakten Bündnis wäre das undenkbar. Und jedes dieser Kontingente fällt in die Waagschale, wie klein es auch ist. Denn die Personallage im amerikanischen Besatzungsregime ist äußerst prekär. Prokonsul Bremer und Senator Kerry hatten mehr Truppen verlangt. Brzezinski[5] hat jüngst veranschlagt, dass 500 000 Soldaten für die vollständige Unterwerfung des Irak erforderlich seien. Für die Belagerung und Einnahme von Falludja haben die USA bei den Briten um Unterstützung nachgesucht. 850 Mann waren für die US-Besatzer bereits eine Größe, für die sie betteln gehen mußten. Die Entlastungsangriffe, die die irakischen Widerstandsorganisationen gleichzeitig in Mossul und anderenorts durchgeführt hatten, haben nach Angabe der FAZ zum Abzug eines Bataillons, i.e. eines Drittels der belagernden Truppen aus Falludja geführt. Die divergierenden Interessen des alten Europa haben die Kräfte der Aggressoren erheblich geschwächt. Da sollte doch Freude aufkommen!

BRD unterstützt USA bei der Pazifierung des Irak

Nach dem schnellen Sturz des Hussein Regimes und Bushs “mission completed” hat Berlin im Prinzip die deutsche Außenpolitik gegenüber dem Irak zwar nicht verändert, aber gerade dadurch hat sich ihr Charakter ins Gegenteil verkehrt: In der zweiten Phase des Krieges, der von den USA geführt wird, um den Widerstand des irakischen Volkes zu brechen und eine politische Herrschaft eigner Wahl im Lande zu errichten, spielt Berlin eine feindseligere Rolle. Diese Phase des Krieges wird medial gern inszeniert als Terror gegen die Demokratie mit den Protagonisten Zarkawi und Bush. Dabei fällt unter den Tisch, dass es sich hierbei um illegitime ausländische Besatzer und nach Husseins Sturz importierte Terroristen handelt.

Die Bundesregierung hat Bush nach der gewaltsamen Entmachtung Husseins ihrerseits Erfolg bei der Pazifierung des Irak gewünscht und der Resolution 1546 der UNO zur Fortsetzung der Besetzung des Irak zugestimmt. Damit hat sie sich in scheinbarer Übereinstimmung mit dem Völkerrecht gegen den legitimen Widerstand aus dem irakischen Untergrund positioniert, der von immer größeren Teilen der irakischen Bevölkerung unterstützt wird. Darin ist nicht, wie vielfach behauptet wird, eine nachträgliche Legitimierung des Aggressionskrieges zu sehen. Vielmehr unterstützt sie in Fortsetzung ihrer eigenen früheren Politik den Zweck der Operation - die Entwaffnung und Kontrolle des irakischen Volkes durch die Hauptmächte des Westens. Sie hat diese Politik jüngst demonstriert durch den Staatsempfang für den Quisling und zertifizierten ehemaligen CIA-Terroristen Allawi und durch den Schuldenerlass für dessen Kollaborationsregime. Schuldenerlass ist zwar im Prinzip am Platz als Entschädigung für die Folgen des Embargos, ist aber unter den gegebenen Bedingungen ein Beitrag zur Konsolidierung eines Kolonialregimes. Rot-Grün setzt diese Politik auch fort, indem sie die Nutzung von Einrichtungen auf deutschem Staatsgebiet für die Versorgung des amerikanischen Besatzungsregimes im Irak und zur Wiederherstellung der Einsatzfähigkeit von verwundeten US-Soldaten gestattet. Und auch, indem sie Ausbildungshilfe für die Polizei und andere Sicherheitskräfte leistet, die die amerikanischen Soldaten bei der Knebelung und Folterung irakischer Bürger entlasten sollen. Allerdings ist diese Hilfe vom Umfang her eher bescheiden. Entlastend zu vermerken ist ferner, dass Berlin den von der NATO beschlossenen Beitrag zur Ausbildung von irakischen Truppen für das Quislingsregime teilweise blockiert, insofern Struck den deutschen Mitgliedern der NATO-Stäbe den Zutritt zu irakischem Staatsgebiet untersagt, und dass die US-Besatzungskosten in astronomische Höhen getrieben werden, weil die Ausbildung der Truppen für die Irakisierung der Besatzung nur schleppend vorankommt.

Aktuell lässt die Bundesregierung durch Bundesanwalt Nehm Anwerber für den Widerstandskampf im Irak als Terroristen verhaften. Selbst im “willigen” Italien ist der Staatsapparat bisher daran gehindert worden, den Unterschied zwischen Gewaltanwendung im legitimem Widerstandskampf gegen gewaltsame Okkupation und blindem Terrorismus zu verwischen.

Die Friedensbewegung sollte kritisieren, was die BRD zum Schaden des irakischen Volkes getan hat oder noch tut. Aber ihre Glaubwürdigkeit wird darunter leiden, wenn sie der Bundesregierung Handlungsweisen unterstellt, die mit der Realität nicht in Einklang zu bringen sind und nur sehr subjektive Einschätzungen zum Ausdruck bringen.


[1]http://www.jungewelt.de/2005/01-25/019.php
[2]isw-spezial 18
[3]http://www.jungewelt.de/beilage/art/608
[4]FAZ vom 11.02.05
[5]New America Foundation http://64.177.207.201/pages/8_648.html

Autor: Jost Kaschube - 12.02.2005

Der Arbeitskreis dankt dem Autor für die Genehmigung des Abdrucks dieses Artikels.