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Todesschwadronen der irakischen Regierung töten Tausende

Der Londoner Guardian zitierte jüngst den bisherigen Leiter des UN-Menschen-rechtsbüros in Bagdad, John Pace, mit der Information, daß in den letzten Monaten mehr als 7000 Menschen von den Todesschwadronen des irakischen Innenministeriums ermordet wurden. Der Direktor des Bagdader Leichenschau-hauses, der dies öffentlich gemacht hatte, flüchtete nach Morddrohungen außer Landes.

Allein in Bagdad seien jeden Monat mehr als 700 Leichen aufgefunden. Der Höhepunkt sei im Juli 2005 mit über 1.100 Toten verzeichnet worden. Viele der Toten hätten Zeichen von Folter getragen, die Gliedmaßen seien zum Teil zerschlagen gewesen. Die meisten seien offenbar hingerichtet worden. Zum Teil seien ihre Hände noch auf dem Rücken gefesselt gewesen. Dies alles sei durch Photos dokumentiert, die den Vereinten Nationmen zur Verfügung gestellt wurden.

Neuerdings sind die Opfer nicht nur Sunnis, sondern auch Schiiten, die sich für einen Kampf aller Iraker gegen die Besatzungsmacht einsetzen.

In der ersten Woche nach dem Attentat auf die wichtige goldene Moschee in Samarra, das von Kräften des nationalen Widerstands der Besatzungsmacht und seinen Handlangern zugeschrieben wird, hat es nach einem Bericht der Washington Post vom 4. März über 1000 Opfer gegeben. Sogar Teilnehmer an gemeinsamen Protesten von Schiiten und Sunniten gegen das Attentat wurden von Todesschwadronen attackiert. Diese Woche hat es gegen den Widerstand in Samarra zusätzlich noch eine Großoffensive der Besatzungsstreitkräfte und ihren irakischen Hilfstruppen gegeben, unterstützt von 50 US-Kampfbombern.

Die Todesschwadronen seien nach Informationen aus verschiedenen Quellen, so John Pace, vom Innenministerium aus den ehemaligen Sadr-Milizen rekrutiert worden und würden vom Innenminister Bayan Jabr befehligt. Sie sind offenbar Bestandteil der Polizei. Bayan Jabr gehört dem "Obersten Rat der Islamischen Revolution im Irakl" (SCIRI) an, der wichtigsten schiitischen Regierungspartei. John Pace konnte Berichte, daß die Todesschwadronen auch aus der Mahdi-Miliz Moqtada Al-Sadrs stammen nicht bestätigen. (Letzterer setzt sich für einen gemeinsamen Kampf von Schiiten und Sunnis gegen die Besatzung ein).

Es drängt sich die Vermutung auf, daß die Besatzungsmacht alles daran setzt, um angesichts ihrer zunehmenden Bedrängnis durch den Widerstand im Irak den Bürgerkrieg zu schüren und die Angehörigen der verschiedenen Religionsgruppen und Völker aufeinander zu hetzen. Bereits seit längerer Zeit wurde in den USA von der Teilen der Bush-Administration über die Schaffung von Todesschwadronen diskutiert. Bemerkenswert auch, daß die Todesschwadronen offenbar während der Zeit aufgebaut wurden, als John Negroponte US-Botschafter in Bagdad war. Negroponte war 1981-1985 US-Botschafter in Honduras, als dort vom CIA Todes-schwadronen aufgebaut wurden. Offensichtlich ist es jedenfalls auch in Bagdad nicht bei Diskussionen über extralegalen Terror geblieben.

Die ganze Debatte wird durch eine neue Rückzugslinie der imperialistischen Propaganda in den Massenmedien komplettiert, wonach der Verbleib der in die Enge geratenen Besatzungstruppen erforderlich sei, weil sonst der schleichende Bürgerkrieg im Irak außer Kontrolle geraten würde.

Es ist bezeichnend, daß diese mit Desinformation über die Kräfte des Widerstands verbundene Propaganda auch in Deutschland betrieben wird. So berichtet Spiegel-Online zwar über den Terror der Todesschwadronen, übersieht dabei allerdings, daß dessen Urheber offenkundig im Innenministerium des irakischen Kollaborationsregimes sitzen: "Die Polizei ist machtlos". Anstatt darauf zu verweisen, daß die Todesschwadronen am hellichten Tag auf LKW's bewaffnet durch die Straßen Bagdads patrouillieren können, ohne Probleme mit Ordnungskräften der Regierung oder mit der Besatzungsmacht befürchten zu müssen, anstatt darauf zu verweisen, daß viele der Morde direkt von uniformierten Polizisten begangen wurden, und daraus den einzig angemessenen Schluß zu ziehen, schwadroniert Spiegel-Online darüber, daß es sich bei den Milizen möglicherweise um außer Kontrolle geratene Mitarbeiter des Innenministeriums handeln könnte: "Möglicherweise handelt es sich bei den Männern teilweise um Truppen des Innenministeriums, die sich verselbständigt haben. Der irakische Ministerialbeamte Kamal Hussein sagte, die Männer in Schwarz handelten nicht auf Befehl des Ministers. Doch Noch-Innenminister Bajan Bakr Solagh hat die Behörde längst nicht mehr unter Kontrolle." Die bewertung dieser Sorte Journalismus bleibt dem Leser überlassen.

Dieter Elken, 17.03.06