Zuckertüte

Ein Troll kroch aus mir heraus und schnappte sich das nächstbeste Pausenbrot von einem der Schüler auf dem Grundschulhof. Eines mit Salatblättern und Light-Käse. Der Bengel hieß sicherlich Torben oder Knut. Es war fast so als könne man die Räumlichkeiten in die die Zutaten eingekauft wurden riechen. Die wohltemperierte Fußbodenheizung, das ökologisch angebaute Holz aus dem die Pädagogen Spielzeuge hergestellt wurden, der Öko-Einkaufskorb, die Rapsöl Abgase und wenn man die Kniffte ans Ohr hält dann konnte man sogar die gewaltfreie Gute Nachtgeschichte hören. Eine in der die Drachen vom Prinzen am Ende nicht getötet werden stattdessen in eine Selbsthilfegruppe für an ADS leidende gesteckt wird. Der Prinz besucht ihn natürlich dann einmal im Monat und an den besonderen Feiertagen bekommt der Drache auch einen extragroßen vegetarischen Fresskorb. Nicht auszuhalten diese Gutmenschen-Grütze. In der Tomatenscheibe lag auch noch die Nuance von ihrem Zweitwagen und der eigens dafür gebauten Garage. Keine Spur von einem Kredit oder einem Klapps auf den Po wenn er mal nicht hört. Gutmenschen und ihr Bedürfnis Tiefgang zu simulieren um ihre Einfältigkeit zu verdecken. Der Fernseher ist gekoppelt an eines dieser Hightech Geräte welches das Programm aussuchen sollen für ihren missratenen Nachwuchs. Die Art von Kinder die am liebsten wieder durch die Mumu ihrer Mutter zurück ins warmfeuchte Säckchen kriechen würden weil sie die Welt dort draußen nicht verstehen sobald sie die Fernsehblockade überwunden haben und all das Leid und den Krieg auf der Erde mitbekommen. Mama ist der Drache wirklich im Sanatorium oder hat er einen Job im Fernsehen angenommen und nennt sich jetzt Tabaluga. Oh nein mein Sohn der Drache bei Tabaluga ist doch gar nicht echt. Da steckt doch ein Mensch drin. Und wieso schickt der Prinz ihn ins Krankenhaus und wieso kämpft er dann gegen ihn. Tabaluga ist doch ganz lieb? Ach Torben, geh und spiel mit deiner extragroben Raufaser Tapete und verbinde alle ungeraden Punkte miteinander und schaue, was für ein schönes Geschöpf dadurch zum Vorschein kommt. Eine kurze Verschnaufpause und eine feige oben drauf. Das Leben, das wahre Leben hier draußen, wo der Obdachlose grammatisch richtige Sätze auf sein Pappschild schreibt und um nen halben Euro bettelt, was marketingtechnisch ganz clever ist, das Leben hier ist nicht aus Pappmaschee und die Menschen sind nicht gefüllt mit Süßigkeiten. Erzählen wir doch den Kindern wie es ist wenn man sein Kreuz an der falschen Stelle macht und was geschieht wenn man im Sommer bei offenem Fenster schlafend gestört wird von Frauengeschrei und die Fenster schließt um weiter zu schlafen. Bringen wir ihnen bei das sie mit ihrem neuesten Handy besser ankommen in der Schule und das die Schule in die sie gehen weit weg ist von dem Stress der sich Krieg nennt und das Friedhöfe nur ein großes Lager für wertvolle beschriebene Steine sind.

Das Leben kann so schön sein wenn man sich in sein eigenes sicheres Zimmer verkriechen kann das mit doppeltem Boden vor Angst und Schrecken, Blumen getünchter Tapeten zum abzählen wenn einen mal doch die Schlaflosigkeit heimsuchen sollte.

Die Zeitung die erwachsene nun mal lesen werden gut verschlossen im Privatsafe verwahrt. Der Hund wird nach jedem Ableben neu eingekauft um das Gespräch über Tod und Leben zu vermeiden. So oder so ähnlich wachsen Kinder auf und aus ihnen werden wir.

Ahmet Özkan, 7. Februar 2007, 0:57 Uhr