Marxistische Revolutionstheorie

und Produktivkräftediskussion

von Dieter Elken

Viele Sozialistinnen und Sozialisten tun sich schwer mit der marxistischen Revolutionstheorie. Manche glauben, Marx habe nur auf die Revolution spekuliert und sich eben geirrt. Andere haben das Gefühl, irgend etwas müsse am Marxismus falsch sein. Sie verzichten aber auf eine Klärung, weil sie Angst haben, auf dem schwankenden Boden ihrer Überzeugungen abzugleiten. Noch andere sehen nur die Nachkriegsentwicklung, den langen Boom der imperialistischen Wirtschaft und die (relative) gesellschaftliche Stabilität in den imperialistischen Metropolen und verzichten gleich ganz darauf, über Wege zum Sozialismus nachzudenken. Das gilt letztlich auch für diejenigen, die sich an der DKP orientieren. Was die DKP aber von vielen anderen unterscheidet, ist, daß sie ganz offiziell den Anspruch vertritt, über eine "Revolutionstheorie" zu verfügen. Aber diese Revolutionstheorie entpuppt sich bei näherer Betrachtung als Theorie der kapitalistischen Stabilität, als Theorie der Nicht-Revolution.

Grund genug, sich dem Problem der marxistischen Revolutionstheorie zu nähern und zu prüfen, ob sich daraus ein Beitrag zur Lösung der Orientierungsprobleme der Linken ergeben kann.

Marx hat die Beschäftigung mit seiner Revolutionstheorie nicht leicht gemacht. Seine Auffassung erscheint auf den ersten Blick zwiespältig. Sie ist zunächst subjektiv betont: Die sozialistische Revolution als praktische und bewußte Aktion der Arbeiterklasse. An anderen Stellen wird die Revolution aus der objektiven Entwicklung der materiellen Produktivkräfte abgeleitet.

Dieser scheinbare Gegensatz wurde zum Ausgangspunkt diverser Theoriebildungen, die bis auf den heutigen Tag die marxistische Diskussion prägen.

So wurde dessen Akzentsetzung auf die objektive Entwicklung interpretiert als Überwindung der Aussagen des jungen Marx, als wissenschaftlich fundierter Ausdruck eines Reifungsprozesses, ja, als Bruch mit der revolutionären Sturm- und Drangperiode vor 1850.

Diese (falsche) Einschätzung wurde durch die Tatsache begünstigt, daß Marx nirgendwo eine abgeschlossene bzw. umfassende Definition des Begriffs Produktivkräfte gegeben hat. Von daher wurde die Gleichsetzung von Technologie und Produktivkräften eine verhältnismäßig verbreitete Vorstellung des Vulgärmarxismus.

Diejenigen Teile der Arbeiterbewegung, nach deren Vorstellungen alleine die Maschinerie bzw. Technologie Produktivkraft ist und die Marx ihr frühbürgerliches Fortschrittsverständnis unterschoben (ganz so wie heute die meisten grünen Marx-Kritiker), mußten die folgende Aussage Marxens als Rechtfertigung sowohl für ein fatalistisches Zuwarten auf die Revolution wie für Zusammenbruchsvisionen begreifen. Denn Marx schrieb im Vorwort seines Werks "Zur Kritik der politischen Ökonomie": "Eine Gesellschaftsformation geht nie unter; bevor alle Produktivkräfte entwickelt sind, für die sie weit genug ist, und neue höhere Produktionsverhältnisse treten nie an die Stelle, bevor die materiellen Existenzbedingungen derselben im Schoß der alten Gesellschaft selbst ausgebrütet worden sind."[1]

Zum Begriff der Produktivkräfte

"Produktivkraft" ist in der allgemeinsten Bestimmung nichts weiter als die Arbeitskraft lebender Menschen, ihre Fähigkeit, unter Benutzung materieller Produktionsmittel und in einer dadurch bedingten Art des Zusammenwirkens die materiellen Mittel zur Befriedigung gesellschaftlicher Bedürfnisse herzustellen. Entscheidend für das Verständnis dieser Kategorie ist, daß dieser Begriff (wie alle anderen bei Marx) gesellschaftlich bestimmt ist und daher in den verschiedenen Epochen, die die Gesellschaft durchläuft, auch jeweils unterschiedlichen Klassencharaktere hat[2]. Die Produktivkräfte der kapitalistischen Gesellschaft sind nicht dieselben wie die der antiken Sklavenhaltergesellschaft oder des mittelalterlichen Feudalismus. Sie sind auch nicht die des Sozjalismus (wenngleich der Sozialismus mit den vom Kapitalismus hinterlassenen notwendig beginnt, was nicht heißt, daß er die kapitalistischen Produktivkräfte bruchlos und allesamt weiterentwickelt).

Alles, was die Verwertung von Kapital als Kapital ermöglicht, ist demnach Produktivkraft des Kapitals[3]. Die Hauptproduktivkraft ist auch im Kapitalismus der Mensch[4]. Konkreter: "Von allen Produktionsinstrumenten ist die größte Produktivkraft die revolutionäre Klasse selbst".[5]

Produktivkräfte sind darüberhinaus die gesellschaftlichen Kräfte der Arbeit, die vom Kapital verwertet werden. und die sich aus. der Art des Zusammenwirkens der Menschen im Arbeitsprozeß[6] ergeben: Die Kooperation. und "Teilung der Arbeit im Atelier"[7], die "Anwendung der Maschinerie und überhaupt die Verwandlung des Produktionsprozesses in bewußte Anwendung der Naturwissenschaft, Mechanik, Chemie etc. für bestimmte Zwecke; Technologie usw., ebenso wie das allem diesen entsprechende Arbeiten auf großer Stufenleiter usw. (es ist nur die vergesellschaftete Arbeit, die fähig ist, die allgemeinen, Produkte der menschlichen Entwicklung; wie Mathematik etc. auf den unmittelbaren Produktionsprozeß anzuwenden, wie andererseits die Entwicklung dieser Naturwissenschaften eine bestimmte Höhe des Produktionsprozesses voraussetzt)".[8]

Produktivkräfte des Kapitals sind weiter Naturkräfte und -elemente, soweit sie in den Produktionsprozeß eingehen[9]. Produktivkraft des Kapitals, weil der Kapitalverwertung förderlich, sind aber nach Marx auch gesellschaftliche Erscheinungen, die nur unmittelbar auf die Produktion bzw. die Kapitalverwertung einwirken. Marx nannte als Beispiel das Bevölkerungswachstum[10], soweit es vermittels der Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt dazu beiträgt, die Lohnkosten zu senken. Er sprach an anderer Stelle aber auch von "nicht unmittelbar produktiven Tätigkeiten (wie z.B. Krieg, Staatswesen)"[11], was eben umgekehrt die Anerkennung des mittelbar produktiven Charakters derartiger gesellschaftlicher Arbeiten für das Kapital einschließt.

Dementsprechend ist nicht nur die Massenarbeitslosigkeit eine Produktivkraft des Kapitals, sondern gegebenenfalls auch der staatliche Lohntyp, die Sozialpartnerschaft (die von der Sozialdemokratie gepriesene Produktivkraft "sozialer Frieden") und - unter anderen historischen Umständen - die faschistische Zerschlagung der organisierten Arbeiterbewegung.

Last but not least ist das Kapital selbst eine Produktivkraft bis es sich historisch überlebt hat. Es ist "ein wesentliches Verhältnis für die Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkräfte. Es hört erst auf, ein solches zu sein, wo die Entwicklung dieser Produktivkräfte an dem Kapital selbst eine Schranke findet"[12]. Zuvor ist es "produktiv: 1. als Zwang zur Surplusarbeit; 2 In-Sich-Absorbierer und Aneigner (Personifizierung) der Produktivkräfte der gesellschaftlichen Arbeit und der allgemeinen gesellschaftlichen Produktivkräfte, wie der Wissenschaft".[13]

Schon nach dieser begrenzten und noch zu vervollständigenden Klärung des Begriffs der Produktivkräfte ist klar, daß der Widerspruch zwischen Produktivkräften und Produktionsverhältnissen als Triebkraft der historischen Entwicklung nur ein objektiver Ausdruck für den Gegensatz und Kampf der gesellschaftlichen Klassen ist.

"Ganz und gar im Unrecht sind daher jene neueren Marx-Interpreten, die in einer förmlichen Verkehrung des von Marx selbst, und von solchen revolutionären Marxisten wie Lenin, angenommenen Verhältnisses des Gegensatzes der Klassen als bloße Erscheinungsformen aus einer zugrundeliegenden zeitlos allgemeinen >Dialektik< der Produktivkräfte und Produktionsverhältnisse ableiten wollen. Sie sind damit nicht nur hinter den gesellschaftlichen Materialismus von Marx, sondern sogar noch hinter den geschichtlichen Materialismus von Hegel auf einen rein metaphysischen oder einfach mystischen Standpunkt zurückgefallen"[14], schrieb Korsch schon 1936.

Dieses typisiert falsche Verständnis war übrigens für Rudolf Bahro Ausgangspunkt seiner persönlichen "Überwindung des Marxismus"[15]. Er glaubt, Marx zu kritisieren und kritisiert doch nur sozialdemokratische und stalinistische Traditionen:

"... von Marxisten wurde nicht oft gedacht, daß die Menschheit nicht nur ihre Produktionsverhältnisse, sondern auch den Gesamtcharakter ihrer Produktionsweise, also auch ihre Produktivkräfte, die sog. Technostruktur, umwälzen müsse und daß sie ihre Perspektiven an keine historisch überkommene Form der Bedürfnisentwicklung und

-Befriedigung und der dazu zweckbestimmten Produktenwelt gebunden betrachten dürfen".[16]

Mit Marx ist jedenfalls das fatalistische Warten auf einen automatischen Zusammenbruch des Kapitalismus nicht zu begründen. Umgekehrt ist aus der Aufhebung des Scheingegensatzes zwischen der Akzentsetzung auf die (subjektive) Klassenaktion und der Betonung der objektiven Entwicklung kein Argument für einen revolutionaristischen Sturmlauf gegen das "System" zu gewinnen.

Die Betonung des objektiven Moments durch Marx und Engels war auch kein bloßer Zufall, sondern entsprach ihrer Analyse der gesellschaftlichen Entwicklung nach 1850. Marx und Engels begannen in diesem Jahr der veränderten geschichtlichen Wirklichkeit Rechnung zu tragen und trafen nach dem Zurückfluten der revolutionären Welle die folgende Feststellung: "Bei dieser allgemeinen Prosperität, worin die Produktivkräfte der bürgerlichen Gesellschaft sich so üppig entwickeln wie dies innerhalb der bürgerlichen Verhältnisse überhaupt möglich ist, kann von einer wirklichen Revolution keine Rede sein. Eine solche Revolution ist nur in den Perioden möglich, wo diese beiden Faktoren, die modernen Produktivkräfte und die bürgerlichen Produktionsformen miteinander in Widerspruch geraten (...). Eine neue Revolution ist nur möglich im Gefolge einer neuen Krisis. Sie ist aber auch ebenso sicher wie diese".[17]

Die Epoche der sozialen Revolution

"Auf einer gewissen Stufe ihrer Entwicklung geraten die materiellen Produktivkräfte der Gesellschaft in Widerspruch mit den vorhandenen Produktionsverhältnissen oder; was nur ein juristischer Ausdruck dafür ist, mit den Eigentumsverhältnissen, innerhalb deren sie sich bisher bewegt hatten. Aus Entwicklungsformen der Produktivkräfte schlagen diese Verhältnisse in Fesseln derselben um. Es tritt dann eine Epoche sozialer Revolution ein".[18]

Die Frage ist, durch welche Merkmale für Marx diese Entwicklungsstufe gekennzeichnet ist, wann der Kapitalismus zur Fessel der geseIlschaftlichen Entwicklung wurde bzw. wird.

Allgemein gesprochen gingen Marx und Engels davon aus, daß der Kapitalismus mit der Herstellung eines kapitalistischen Weltsystems und einer weltweiten Arbeitsteilung seine fortschrittliche Rolle ausgespielt haben würde[19].

Dem entsprach auf Seiten des materiellen Produktionsprozesses eine Entwicklungsstufe, in der die Maschinen nicht mehr nur individuelle Arbeitsmittel der individuellen Arbeiter waren, sondern die Maschinerie ( d.h. auf dem Höhepunkt ein automatisches System der Maschinerie) nur noch von Kollektiven bedient und überwacht werden konnte. Die Produktion ist auf dieser Stufe verwissenschaftlicht, streift ihren privaten Charakter ab und wird unmittelbar eine gesellschaftliche[20]. Die unmittelbare Arbeit und ihre Quantität hört auf, das bestimmende Prinzip der Produktion zu sein[21]. Die allgemein wissenschaftliche Arbeit, die Anwendung der Naturwissenschaft und die allgemeine gesellschaftliche Arbeitsteilung und Kooperation als Kräfte der Gesellschaft werden dominant[22].

Auf dieser Stufe gerät die kapitalistische Produktion in deutlich sichtbaren Widerspruch zu sich selbst. Das gesellschaftliche Individuum, "sein Verständnis der Natur und die Beherrschung derselben durch sein Dasein als Gesellschaftskörper" - wir würden heute sagen: Die Gesellschaft als Kollektiv - erscheint "als der große Grundpfeiler der Produktion und des Reichtums"[23]. Aber: "Die Produktivkräfte und die gesellschaftlichen Beziehungen - beides verschiedene Seiten des gesellschaftlichen Individuums - erscheinen dem Kapital nur als Mittel, um von seiner bornierten Grundlage aus zu produzieren"[24].

Die Produktion von Mehrwert in der unmittelbaren Produktion beendet nicht den Kapitalkreislauf. Der in Waren vergegenständlichte Mehrwert muß "realisiert", d.h. die Waren müssen verkauft werden. Die Bedingungen für die Produktion und die Realisierung von Mehrwert sind aber nicht identisch. Erstere sind nur beschränkt durch die Produktivkräfte der gesellschaftlichen Arbeit, letztere durch die Proportionalität der Produktionszweige und die Konsumtionskraft der Gesellschaft. Da das Kapital danach trachtet, die Konsumtionsfähigkeit der Masse der Gesellschaft zu beschränken, muß es den Markt ständig ausdehnen[25].

"Die wahre Schranke ist das Kapital selbst, ist dies: daß das Kapital und seine Selbstverwertung als Ausgangspunkt und Endpunkt, als Motiv und Zweck der Produktion erscheint; daß die Produktion nur Produktion für das Kapital ist und nicht umgekehrt die Produktionsmittel bloße Mittel für eine sich stets erweiternde Gestaltung des Lebensprozesses für die Gesellschaft der Produzenten sind"[26].

Dies hat zur Folge, daß mit der beständigen Revolutionierung des Produktionsprozesses zugleich eine relative Überbevölkerung, sprich: Massenarbeitslosigkeit entsteht[27]. Diese wird von Marx explizit als Schranke bezeichnet:

"Die Entwicklung der Produktivkräfte, welche die absolute Anzahl der Arbeiter verminderte, d.h. in der Tat die ganze Nation befähigte, in einem geringeren Zeitteil ihre Gesamtproduktion zu vollziehen, würde Revolution herbeiführen, weil sie die Mehrzahl außer Kurs setzen würde. Hierin erscheint wieder die spezifische Schranke der kapitalistischen Produktion, und daß sie keineswegs eine absolute Form für die Entwicklung der Produktivkräfte und Erzeugung des Reichtums ist, vielmehr mit dieser auf einem gewissen Punkt in Kollision tritt. Partiell erscheint diese Kollision in periodischen Krisen, die aus der Überflüssigmachung bald dieses, bald jenes Teils der Arbeiterbevölkerung in ihrer alten Beschäftigungsweise hervorgehen. Ihre Schranke ist die überschüssige zeit der Arbeiter. Die absolute Überschußzeit, die die Gesellschaft gewinnt, geht sie nichts an. Die Entwicklung der Produktivkraft ist ihr nur wichtig, sofern sie Mehrarbeitszeit der Arbeiterklasse vermehrt, nicht die Arbeitszeit für die materielle Produktion überhaupt vermindert. Sie bewegt sich so in Gegensätzen."[28]

Aus diesem Grund gerät das Kapitalmonopol zur Fessel der Produktionsweise, die mit "und unter ihm aufgeblüht ist"[29]. Obwohl die geschichtliche Aufgabe des Kapitalismus die Entfaltung der gesellschaftlichen Produktivkräfte der Arbeit ist, werden z.T. technische Neuerungen, die eine Verkürzung der notwendigen Arbeitszeit erlaubten, d.h. eine größere Produktivität der Arbeit, nicht eingeführt, weil sie den Profit nicht steigern[30].

Dies, obwohl im Kapitalismus nicht genügend Lebensmittel (Konsumgüter) produziert werden, um die Menschheit zu versorgen. Trotzdem gibt es Überproduktion, weil im Kapitalismus nur die zahlungsfähige Nachfrage zählt. Ebenso werden Überkapazitäten an Produktionsmitteln produziert, obwohl genug Arbeitskräfte vorhanden wären, um diese auszulasten - nur, weil diese Arbeitskräfte nicht profitabel genug beschäftigt werden können. "Die Produktion kommt zum Stillstand, nicht weil die Befriedigung der Bedürfnisse, sondern wo die Produktion und Realisierung von Profit diesen Stillstand gebietet"[31]. Es sind dies die chronischen Auswirkungen des Gesetzes vom tendenziellen Fall der Profitrate, das beständig durch Krisen überwunden werden muß.

"In schneidenden Widersprüchen, Krisen, Krämpfen drückt sich die wachsende Unangemessenheit der produktiven Entwicklung der Gesellschaft zu ihren bisherigen Produktionsverhältnissen aus. Gewaltsame Vernichtung von Kapital, nicht durch ihm äußere Verhältnisse, sondern als Bedingung seiner Selbsterhaltung. ist die schlagende Form, worin ihm advice [Rat] gegeben wird, to be gone and to give room to a higher state of social production" [abzutreten und einer höheren Form der gesellschaftlichen Produktion Platz zu machen][32]. Aber der Kapitalismus verabschiedet sich nicht von selbst: "Hence the highest development of productive power together with the greatest expansion of existing wealth will coincide with depreciation of capital, degradation of the labour and a most straightened exhaustion of his vital powers. These contradictions lead to explosions, cataclysms, crises, in which by momentaneous suspension of labour and annihilation of a great portion of capital the latter is violently reduced to the point, where it can go on. Die Widersprüche of course, führen zu Explosionen, Krisen, worin momentane Aufhebung aller Arbeit und Vernichtung von großem Teil von Kapital es gewaltsam wieder auf den Punkt zurückführen, worin es enabled fully employing its productive forces without committing suicide. Yet these regularly recurring catastrophes lead to their repetition on a higher scale, and finally to its violent overthrow" [Von daher geht die höchste Entwicklung der Produktivkraft und die höchste Konzentration des Reichtums zusammen mit der Entwertung des Kapitals, dem Niedergang der Arbeiterklasse und der äußersten Erschöpfung ihrer Lebenskräfte. Diese Widersprüche führen natürlich zu Explosionen, Krisen, zur momentanen Aufhebung aller Arbeit und zur Vernichtung von großen Teilen des Kapitals, wodurch letzteres gewaltsam in die Lage versetzt wird, seine Produktivkräfte wieder vollständig anzuwenden, ohne Selbstmord zu begehen. Doch diese regelmäßig wiederkehrenden Katastrophen wiederholen sich auf immer höherer Stufenleiter, und schließlich werden sie gewaltsam überwunden][33]

Es versteht sich von selbst, daß sich aus alledem für eine Theorie eines automatischen, hinter dem Rücken des Proletariats sich vollziehenden Zusammenbruchs des Kapitalismus keine Argumente gewinnen lassen. Marx hat das im "Kapital" übrigens auch explizit festgestellt: "Dieser Prozeß würde bald die kapitalistische Produktion zum Zusammenbruch bringen, wenn nicht widerstreitende Tendenzen beständig wieder dezentralisierend neben der zentripetalen Kraft wirkten".[34]

Es ist also nichts mit Automatismen. Ganz im Gegenteil. Die sozialistische Revolution wird von Marx als politische Aufgabe gestellt[35] und von daher auch im Rahmen der Kritik der politischen Ökonomie nicht weiter ausgeführt und entwickelt. Erwähnt sei allerdings an dieser Stelle, daß Marx sehr wohl den Klassenkampf als notwendiges Resultat der kapitalistischen Entwicklung begriff. Aber das diesbezügliche Schlußkapitel des "Kapitals" konnte von ihm nicht mehr vollendet werden[36].

Alles das hat Marx von Helmut Reichelt, einem der Herausgeber von Marxschriften zum Thema Produktivkräfte und Produktionsverhältnissen, den Vorwurf eingebracht, keine wirkliche Darstellung "der Dialektik eines Übergangs von einer Gesellschaft zu einer neuen" entwickelt zu haben[37]. Diese Kritik dürfte darauf beruhen, daß dieser Kritiker bei Marx nicht findet, was er zu finden müssen glaubt, nämlich einen rein ökonomischen Transformationsmechanismus.

Marxens Aussage, daß eine Gesellschaftsformation erst untergeht, wenn in ihr alle Produktivkräfte entwickelt sind, für die sie weit genug ist, so verstehen zu wollen, daß jeder technische Fortschritt zum Stillstand gekommen sein müsse, bevor eine Revolution erfolgreich in Angriff genommen werden könne, ist ebenso verbreitet wie skurril. Sie läuft übrigens darauf hinaus, die Revolution auf den St Nimmerleinstag zu verschieben. Auch der krisenhafte Kapitalismus bringt nämlich den technischen Fortschritt nicht zum Stillstand. Im Gegenteil[38]. Der Clou der Marxschen Kapitalismusanalyse ist ja gerade der, daß der durch die beständige technische Umwälzung der Produktion bewirkte tendentielle Fall der Profitrate in Konflikt gerät mit dem Ziel der höchsten Kapitalverwertung[39]. Es sind diese "Konflikte", die dem Klassenkampf die größten Impulse geben: Wenn begriffen wird, daß die Hauptproduktivkraft im Kapitalismus die menschliche Gesellschaft ist, löst sich das ganze Problem in Luft auf. Die Epoche der sozialen Revolution[40] tritt ein, wenn die Entwicklung der materiellen Produktivkräfte nicht mehr zur Entwicklung der Menschheit, der Hauptproduktivkraft beiträgt: "Die höchste Entwicklung dieser Basis selbst (...) ist der Punkt, worin sie selbst zu der Form ausgearbeitet, worin sie mit der höchsten Entwicklung der Produktivkräfte vereinbar, daher auch der reichsten Entwicklung der Individuen. Sobald dieser Punkt erreicht ist, beginnt der Verfall und die Entwicklung beginnt von einer neuen Basis".[41]

Es kann also gar keine Rede davon sein, daß Marx in seinen späteren ökonomischen Schriften die von. ihm und Engels in der Deutschen Ideologie 1846 formulierte Position geändert hätte. Lediglich die Kategorien waren verändert worden (Produktivkräfte anstelle von Produktionskräften, Produktionsverhältnisse anstelle von Verkehrsformen): "Das Verhältnis der Produktionskräfte zur Verkehrsform ist das Verhältnis der Verkehrsform zur Tätigkeit oder Betätigung der Individuen".[42]

Danach kann folgendes klar gestellt werden:

Marx hat zwar kritisiert, daß der Monopolkapitalismus technischen Fortschritt nur zulasse, wenn er zur Erhöhung der Mehrwertrate führe, also diesen nur bedingt zulasse[43], doch kann diese Kritik wohl kaum die Sicht der Technik als Selbstzweck. rechtfertigen. Technik ist nie (nicht einmal im Kapitalismus) Selbstzweck. Die Unterdrückung gewisser technischer Fortschritte durch den Kapitalismus ist nur eine unter anderen Erscheinungsweisen des Konflikts zwischen Produktivkräften und kapitalistischen Produktionsverhältnissen.

Technik als Produktivkraft

Doch ist die Technik natürlich eine (produzierte) Produktivkraft. Technik bzw. Maschinerie ist angewandtes gesellschaftliches Wissen, durch gesellschaftliche Arbeit vergegenständlicht[44]. Sie ist ein Mittel, das die Menschheit in die Lage versetzt, Gebrauchsgegenstände in kürzerer Zeit zu produzieren als ohne dieses Mittel (eine Bestimmung, die nicht nur für die kapitalistische Epoche gilt)[45]. Es ist sinnlos, aus Opposition gegen den Technikfetischismus vieler Linker die menschliche Arbeitskraft zur "einzjg wirklichen" Produktivkraft zu erklären, wie dies einmal im "Arbeiterkampf" geschehen ist[46]. Dem naiven Glauben an den technischen Fortschritt, der übrigens: ein typisches Produkt wirtschaftlicher Blüteperioden ist[47], ist so nicht beizukommen.

Die Bestimmung der Technik als Vergegenständlichung gesellschaftlichen Wissens sollte eigentlich schon ausreichen, um mit der Vorstellung aufzuräumen, Technik sei systemneutral. Das gesellschaftliche Wissen und seine Vergegenständlichung, die Technik bzw. Maschinerie, verändert und entwickelt sich ständig. Die Art der Entwicklung dieses Wissens war natürlich auch für Marx und Engels gesellschaftlich und damit klassenmäßig determiniert[48].

Dazu steht nur scheinbar im Gegensatz, was Marx im "Kapital" bürgerlichen Ökonomen zum Vorwurf macht:

"Da also die Maschinerie an sich betrachtet die Arbeitszeit verkürzt, während sie kapitalistisch angewandt den Arbeitstag verlängert, an sich die Arbeit erleichtert, kapitalistisch angewandt ihre Intensität steigert, an sich ein Sieg des Menschen über die Naturkraft ist, an sich den Reichtum des Produzenten vermehrt, kapitalistisch angewandt ihn verpaupert usw. erklärt der Ökonom einfach, das Ansichbetrachten der Maschinerie beweise haarscharf; daß alle jene handgreiflichen Widersprüche bloßer Schein der gemeinen Wirklichkeit, aber an sich, also auch in der Theorie, gar nicht vorhanden sind. Er spart sich so alles weitere Kopfzerbrechen und bürdet seinen Gegnern obendrein die Dummheit auf, nicht die kapitalistische Anwendung der Maschinerie zu bekämpfen, sondern die Maschinerie selbst."[49]

Um diese Aussage in dem Sinne zu interpretieren, daß die Maschinerie bzw. die Technik als der Form nach systemneutral angesehen wird, muß in sie erst hineingelesen werden, was herausgeholt wird[50]. Es ist schlicht von Maschinerie im Allgemeinen die Rede, nicht von deren gesellschaftlicher Form. Polemisiert wird schließlich gegen Technikfeindlichkeit überhaupt. Das Verständnis dafür, daß die Technik auch kapitalistisch formbestimmt war, hat Marx an anderer Stelle unter Beweis gestellt: "Nicht was gemacht wird, sondern wie, mit welchen Arbeitsmitteln gemacht wird, unterscheidet die ökonomischen Epochen. Die Arbeitsmittel sind nicht nur Gradmesser der Entwicklung der menschlichen Arbeitskraft, sondern auch Anzeiger der gesellschaftlichen Verhältnisse, worin gearbeitet wird".[51]

Zu denjenigen, die Marx diesbezüglich völlig mißverstanden haben, gehören auch Thomas Ebermann und Rainer Trampert. Diese haben in ihrem Buch "Die Zukunft der Grünen" Marx und Engels implizit unterstellt, von einer klassenmäßig neutralen, allgemeinen menschlichen Wissensentwicklung ausgegangen zu sein. Das verführt sie zum Vorwurf an Engels, er habe in Bezug auf die menschlichen Erkenntnismöglichkeiten einen "unhaltbar gewordenen Optimismus" an den Tag gelegt[52]. Dabei hat Engels bloß den "Fehler" gemacht, gut neunzig Jahre einseitiger, kapitalistisch deformierter Wissenschaftsentwicklung nicht vorherzusehen. Daß Ebermann und Trampert Marx danach eine rein affirmative Haltung zu allen Produktivkräften unterschieben[53], ist dann nur konsequent - und falsch.

Der Doppelcharakter der kapitalistischen Produktivkräfte

Die marxistische Revolutionstheorie wäre unvollständig dargestellt, wollte man allein dabei stehen bleiben, dem sozialdemokratischen und stalinistischen Technologiefetischismus die Marxsche Entwicklung latent, flammt bald hier, bald dort auf. Die marxistische Krisentheorie erklärt nur, weshalb dieser Gegensatz periodisch dazu tendiert, sich zu verallgemeinern, d.h. in revolutionäre Krisen umzuschlagen. Ursächlich für den latenten Gegensatz, für den Klassenkampf, ist der Doppelcharakter der Produktivkraftentwicklung:

"Produktivkräfte erhalten unter dem Privateigentum eine nur einseitige Entwicklung, werden für die Mehrzahl zu Destruktivkräften, und eine Menge solcher Kräfte können im Privateigentum gar nicht zur Anwendung kommen."[54]

Eine einseitige Entwicklung erfährt auch der Mensch als Hauptproduktivkraft:

"Sie (die in der Manufaktur verallgemeinerte Kooperation -D.E.) verkrüppelt den Arbeiter in eine Abnormität, indem sie sein Detailgeschick treibhausmäßig fördert durch die Unterdrückung einer Welt von produktiven Trieben und Anlagen."[55] Und: "Während es (das Kapital- DE.) die Tendenz hat, die Produktivkräfte ins Maßlose zu steigern", sorgt dessen Entwicklung dafür, "die Hauptproduktivkraft, den Menschen selbst", zu vereinseitigen und zu limitieren.[56]

Was für viele Kritikerinnen und Kritiker des Marxismus so unbegreiflich, ja zynisch und menschenverachtend ist, ist dies: Die Auffassung, daß diese Entwicklung notwendig war, daß die Menschheit sich nicht anders entwickeln konnte. So schrieb Marx gegen die Kritiker Ricardos:

"Ricardo betrachtet mit Recht, für seine Zeit, die kapitalistische Produktionsweise als die vorteilhafteste für die Produktion überhaupt, als die vorteilhafteste zur Erzeugung des Reichtums. Er will Produktion der Produktion halber und dies ist recht. Wollte man behaupten, wie es sentimentale Kritiker getan haben, daß die Produktion nicht als solche der Zweck sei, so vergißt man, daß Produktion um der Produktion halber nichts heißt, als Entwicklung der menschlichen Produktivkräfte, also Entwicklung des Reichtums der menschlichen Natur als Selbstzweck. Stellt man, wie Sismondi, das Wohl des Einzelnen diesem Zweck gegenüber; so behauptet man, daß die Entwicklung der Gattung aufgehalten werden muß, um das Wohl der einzelnen zu sichern, daß also z.B. kein Krieg geführt werden dürfe, worin einzelne jedenfalls kaputtgehen (Sismondi hat nur recht gegen die Ökonomen, die diesen Gegensatz vertuschen, leugnen.) Daß diese Entwicklung der Fähigkeiten der Gattung Mensch, obgleich sie sich zunächst auf Kosten der Mehrzahl der Menschenindividuen und ganzer Menschenklassen macht, schließlich diesen Antagonismus durchbricht und zusammenfällt mit der Entwicklung des einzelnen Individuums, daß also die höhere Entwicklung der Individualität nur durch einen historischen Prozeß erkauft wird, worin die Individuen geopfert werden, wird nicht verstanden, abgesehen von der Unfruchtbarkeit solcher erbaulicher Betrachtungen, da die Vorteile der Gattung im Menschenreich wie im Tier- und Pflanzenreich sich stets durchsetzen auf Kosten der Vorteile von Individuen, weil diese Gattungsvorteile zusammenfallen mit den Vorteilen besonderer Individuen, die zugleich die Kraft dieser Bevorzugten bilden".[57]

"Erst wenn eine große soziale Revolution die Ergebnisse der bürgerlichen Epoche, den Weltmarkt und die modernen Produktivkräfte, gemeistert und Sie der gemeinsamen Kontrolle der am weitesten fortgeschrittenen Völker unterworfen hat, erst dann wird der menschliche Fortschritt nicht mehr jenem scheußlichen heidnischen Götzen gleichen, der den Nektar nur aus den Schädeln erschlagener trinken wollte".[58]

Daß die Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkräfte die Menschheit entwickelt, ist das, was so schwer zu begreifen ist, weil alle kollektiven, gesellschaftlichen Potenzen der Menschen, ihre Fähigkeiten etc. im Kapitalismus nicht ihnen selbst, sondern dem Kapital zu gehören scheinen. Schlimmer: Sie erscheinen den Teilarbeitern im Produktionsprozeß als Eigenschaften der Maschinerie[59]:

"Der einzige Zusammenhang, in dem sie noch mit den Produktivkräften und mit ihrer eigenen Existenz stehen, die Arbeit, hat bei ihnen allen Schein der Selbstbetätigung verloren und erhält ihr Leben nur, indem sie es verkümmert." Und weiter:

Es ist also jetzt so weit gekommen, daß die Individuen sich die vorhandene Totalität von Produktivkräften aneignen müssen, nicht nur um zu ihrer Selbstbetätigung zu kommen, sondern schon überhaupt, um ihre Existenz sicherzustellen."[60]

Wird also die bornierte Form des Reichtums abgestreift, so Marx, "was ist der Reichtum anderes, als die in universellem Austausch erzeugte Universalität der Bedürfnisse, Fähigkeiten, Genüsse, Produktivkräfte etc. der Individuen? Die volle Entwicklung der menschlichen Herrschaft über die Naturkräfte, die der sogenannten Natur sowohl, wie seiner eigenen Natur? Das absolute Herausarbeiten seiner schöpferischen Anlagen ohne andere Voraussetzung als die vorhergegangene historische Entwicklung? (...) In der °bürgerlichen Ökonomie (...) erscheint diese völlige Herausarbeitung des menschIichen Innern als völlige Entleerung, diese universelle VergegenständIichung als totale Entfremdung, und dje Niederreißung aller bestimmten einseitigen Zwecke als Aufopferung des Selbstzwecks unter einen ganz äußeren Zweck. Daher erscheint die kindische alte Welt als das Höhere. Andrerseits ist sie es in alledem, wo geschlossene Gestalt, Form und gegebne Begrenzung gesucht wird. Sie ist Befriedigung auf einem bornierten Standpunkt; während das Moderne unbefriedigt Iäßt, oder wo es in sich befriedigt erscheint, gemein ist."[61]

Danach ist auch klar, weshalb für Marx der etablierte Weltmarkt, die reale HersteIlung der weltweiten menschlichen Gesellschaft von so großer Bedeutung ist:

Der Weltmarkt als Basis, als "Möglichkeit der universellen Entwicklung des Individuums, und die wirkliche Entwicklung der Individuen von dieser Basis aus als die beständige Aufhebung ihrer Schranke, die als Schranke gewußt ist, nicht als heilige Grenze gilt. Die Universalität des Individuums nicht als gedachte oder eingebildete, sondern als Universalität seiner realen und ideellen Beziehungen".[62] Die Internationale Organisierung der Revolutionäre war daher bei Marx nicht etwa eine Marotte. Der auch so verstandene Internationalismus ergab sich folgerichtig aus seiner Analyse und seiner Revolutionstheorie.

Diese objektive Vorraussetzung der Revolution war spätestens mit der Entstehung des Monopolkapitalismus, dem Imperialismus als letzter Phase des Kapitalismus gegeben.

Es begann eine Periode der Stagnation und Fäulnis: "In der Entwicklung der Produktivkräfte tritt eine Stufe ein, auf welcher Produktivkräfte und Verkehrsmittel hervorgerufen werden, welche unter den bestehenden Verhältnissen nur Unheil anrichten, welche keine Produktionskräfte mehr sind, sondern Destruktionskräfte".[63]

Diese von Marx und Engels gezeichneten Perspektiven schienen sich spätestens während des ersten Weltkrieges voll und ganz zu verwirklichen. Eine Skizzierung, wie und mit welchen Widersprüchen und Problemen die Diskussion um Produktivkräfte und revolutionstheoretische Fragen seitdem fortgesetzt wurde, würde hier den Rahmen sprengen. Zum revolutionstheoretischen Aspekt ist jedoch noch etwas hinzuzufügen

Der subjektive Faktor

Nachdem einmal klargestellt ist, daß die Überwindung des Kapitalismus nicht in dem Sinne ein objektiver Prozeß sein kann, daß irgendwelche ökonomischen Automatismen dem Proletariat diese politische Aufgabe abnehmen würden, noch ein Nachtrag zur Klärung der subjektiven Seite.

Für Marx und Engels war die "allgemeine Erkenntnis dieses Verhältnisses", nämlich des gesellschaftlichen Produktionsverhältnisses, mit seiner Fortdauer unvereinbar.[64] Die spontane Revolte gegen die gesellschaftlichen Verhältnisse, das Leiden der Massen an diesen Verhältnissen erzwang und erzwingt die Koalition der arbeitenden Massen und den Klassenkampf und als dessen Resultat zunächst partielle Siege[65]. Dieser bald offen, bald versteckte Bürgerkrieg, so Marx und EngeIs, dauert an, bis die Revolution, die verallgemeinerte Revolte gegen die bürgerlichen Verhältnisse, insgesamt ausbricht.[66]

Bis dahin bleibt auch das Bewußtsein regelmäßig hinter den realen Verhältnissen zurück. Aufgabe der Kommunistinnen und Kommunisten ist es, in den Bewegungen des Proletariats nicht nur die bestehenden Verhältnisse zu kritisieren und so das partielle Bewußtsein der breiten Masse zu vertiefen und zu verallgemeinern, sondern auch, in den Teilbewegungen die Gesamtinteressen des Proletariats zu vertreten und zur Geltung zu bringen:

"Die Kommunisten sind also praktisch der entschiedenste, immer weiter treibende Teil der Arbeiterparteien aller Länder; sie haben theoretisch vor der übrigen Masse des Proletariats die Einsicht in die Bedingungen, den Gang und die allgemeinen Resultate der proletarischen Bewegung voraus". [67]

Aber Ideen allein genügen nicht, um reale Verhältnisse zu ändern. Notwendig sind praktische Aktionen, Bewegungen. Diese wiederum sind ihrerseits Mittel und Vorbedingung einer Revolution zugleich: Es zeigt sich nämlich, "daß sowohl zur massenhaften Erzeugung dieses kommunistischen Bewußtseins wie zur Durchsetzung der Sache selbst eine massenhafte Veränderung der Menschen nötig ist, daß also die Revolution nicht nur nötig ist, weil die herrschende Klasse auf keine andre Weise gestürzt werden kann, sondern auch, weil die stürzende Klasse nur in einer Revolution dahin kommen kann, sich den ganzen Dreck vom Halse zu schaffen und zu einer neuen Begründung der Gesellschaft befähigt zu werden.[68]

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Erstveröffentlichung in:

Turbulenzen - Rundbrief der Initiative Sozialistische Politik, Nr. 9, Februar 1989


[1]Karl Marx (künftig K.M.): Vorwort zu Kritik der politischen Ökonomie, MEW 13, 9
[2]Karl Korsch: Karl Marx, Frankfurt/Wien 1967, S. 127 ff und 167; K.M., Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, Frankfurt/Wien, o. Jhg., S. 25, 215
[3]K. M., Das Kapital, Bd. 1, MEW 23, 533
[4]K.M., Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, Berlin 1953, S. 325
[5]K. M., Das Elend der Philosophie, MEW 4, 181
[6] Karl Marx/Friedrich Engels (künftig:F.E.), Deutsche Ideologie, MEW 3, 30; K.M., Das Kapital, Bd. 1, MEW 23, 345
[7]K.M., Resultate des unmittelbaren Produktionsprozesses, Frankfurt 1969, S. 50
[8]ebenda
[9]vgl. K.M. Das Kapital, Bd. 3, MEW 25, 270 u. 753f; in Bd. 2, MEW 24, 355 f
[10]K.M. Grundrisse, a.a.O., S. 651
[11]K.M. Zur Kritik der politischen Ökonomie, (Manuskript 1861-1863), MEGA 2.2 Bd. 3.1-5, Berlin 1976-80, zitiert nach K. Marx, Produktivkräfte und Produktionsverhältnisse, hrsg. von Helmut Reichelt und Reinhard Zech, Frankfurt/Berlin/Wien 1983, S. 243
[12]K.M. Grundrisse, a.a.O., S. 231
[13]K.M. Theorien über den Mehrwert, MEW 26.1, 368
[14]Karl Korsch: Karl Marx, a.a.O., S. 169
[15]vgl. Wolfgang mehte: Ökologie und Marxismus, 2. Aufl., Hannover 1983, S. 486 f
[16]Rudolf Bahro, Die Alternative, S. 309 f
[17]K.M./F.E., Revue, Mai-Oktober 1850, MEW 7, 440
[18]K.M./F.E., Vorwort von: Zur Kritik der politischen Ökonomie, MEW 13, 9
[19]K.M./F.E., Deutsche Ideologie, MEW 3, 36 f u. 67 ff; K.M. Grundrisse, S. 582; K.M. Das Kapital, Bd. 3, MEW 25, 276 f
[20]K.M., Grundrisse, S. 231 u. 587
[21]ebenda, S. 593
[22]ebenda, S. 587 f
[23]ebenda, S. 593
[24]ebenda, S. 593 f
[25]K.M., Das Kapital, Bd. 3, MEW 25, 254 ff
[26]ebenda, S. 260
[27]K.M., Theorien über den Mehrwert, MEW 26.2, 573 und 232 f
[28]K.M., Das Kapital, Bd. 3, MEW 25, 274
[29]K.M., Das Kapital, Bd. 1, MEW 23, 791
[30]K.M., Das Kapital. Bd. 3, MEW 25, 271 ff
[31]ebenda, S. 269
[32]K.M., Grundrisse, S. 635 f
[33]ebenda, S. 636
[34]K.M., Das Kapital, Bd, 3, MEW 25, 256
[35]K.M., Das Elend der Philosophie, MEW 4, 181
[36]F.E., Vorwort zum 3. Bd. des Kapitals, MEW 25, 14 f
[37]vgl. H. Reichelt: Zur Dialektik von Produktivkräften und Produktionsverhältnissen, in: Karl Marx: Produktivkräfte und Produktionsverhältnisse, hrsg. von H. Reichelt und R. Zech, Frankfurt/Berlin/Wien 1983, S. 8 und 46
[38]K.M., Grundrisse, S. 440
[39]ebenda, S. 318 und 325; K.M. Das Kapital, Bd.3. MEW 25, 259 f
[40]vgl. K.M., Vorwort zur kritik der politischen Ökonomie, MEW 13, 9
[41]K.M., Grundrisse, S. 439
[42]K.M./F.E. Deutsche Ideologie, MEW 3, 71
[43]K.M., Das Kapital. Bd. 3, MEW 25, 274
[44]K.M., Grundrisse, S. 594
[45]vgl. K.M., Das Kapital, Bd. 1, MEW 23, 333 und Bd. 3, MEW 25, 465
[46]vgl. jb.: Widersprüche, Arbeiterkampf ( jetzt "Analyse und Kritik") Nr. 277 v. 15.12.1986, S. 38
[47]vgl. Karl Korsch: Karl Marx, a.a.O., S. 172 ff
[48]vgl. F.E., Zur Wohnungsfrage, MEW 18, 221; derselbe, Herrn Eugen Dührings Umwälzung der Wissenschaft, MEW 20, 24
[49]K.M., Das Kapital, Bd. 1, MEW 23, 465
[50]Dies übersehen z.T. auch Marx-Verteidiger, vgl. z.B. Wolfgang Mehte, Ökologie und Marxismus, a.a.O., S. 483
[51]K.M., Das Kapital, Bd. 1, MEW 23, 194 f
[52]Thomas Ebermann/RainerTrampert, Die Zukunft der Grünen, Hamburg 1984, S. 197 - Die Autoren waren damals als Ökosozialisten führende Grüne.
[53]ebenda, S. 213 f
[54]K.M./F.E., Deutsche Ideologie, MEW 3, 60
[55]K.M., Das Kapital, Bd. 1, MEW 23, 318
[56]K.M., Grundrisse, S. 325
[57]K.M., Theorien über den Mehrwert, MEW 26.2, 110 f
[58]K.M., Vorwort zur Kritik der politischen Ökonomie, MEW 13, 9
[59]K.M., Grundrisse, S. 325
[60]K.M./F.E., Deutsche Ideologie, MEW 3, 67
[61]K.M. Grundrisse, S. 387 f und S. 596
[62]ebenda, S. 440
[63]K.M./F.E. Deutsche Ideologie MEW 3, 69
[64]K.M. Deutsche Ideologie, MEW 3, 69
[65]K.M./F.E. Manifest der Kommunistischen Partei, MEW 4, 470
[66]ebenda, S. 473
[67]ebenda, S. 474
[68]K.M. Deutsche Ideologie, MEW 3, 70