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Den braunen Sumpf schwächen:

Verfassungsschutzämter sofort auflösen!

Das offizielle Deutschland gibt sich geschockt. Mit terroristischen Strukturen im braunen Sumpf will man trotz 182 von Nazis seit 1990 getöteten Menschen nicht gerechnet haben. Man beklagt das Versagen der Ermittlungsbehörden. Union und SPD erwägen die Einsetzung eines “Sonderermittlers”, um das Behördenversagen aufzuklären. Die politische Rechte nutzt die Lage, um einmal mehr weitere Einschränkungen demokratischer Freiheiten und neue Möglichkeiten zur Überwachung Oppositioneller zu fordern wie die Vorratsdatenspeicherung.

Seitens der etablierten bürgerlichen Politik dient der Ruf nach Aufklärung und dienen die Klagen über Ermittlungsfehler und behördliches Versagen der Verschleierung des eigentlichen Skandals: nämlich der offenkundigen Symbiose des demokratischen bürgerlichen Staates mit dem braunen Sumpf am rechten Rand der Gesellschaft.

Die Übergänge zwischen den Inlandsgeheimdiensten sind fließend. Der Verfassungsschutz war von Anfang an von Nazis durchsetzt. Angeworbene V-Leute in der rechten Szene und Anwerber sind ideologisch nur zu oft von gleichem Fleisch und Blut. Das Bekenntnis zur parlamentarischen Demokratie ist bei diesen Leuten nur oberflächliche Tünche. Der Begriff “Verfassungsschutz” ein Treppenwitz. Die erwähnte Symbiose ist nicht gleichbedeutend mit der faschistischen Strömung in den Geheimdiensten. Deren Vorhandensein erleichtert sie nur.

Der Umstand, daß derzeit keine relevante Kapitalfraktion mit der Abschaffung der parlamentarischen Demokratie kokettiert und die Errichtung eines offen faschistischen Regimes befürwortet, steht der Symbiose nicht entgegen: Der “normale” Konservativismus teilt einen Großteil seines ideologischen Gepäcks mit dem Faschismus, nicht zuletzt den Rassismus. Der braune Sumpf eignet sich stets als Kampftruppe gegen die linke und die Arbeiterbewegung sowie als Speerspitze bzw. Vorhut des bis weit in die gesellschaftliche Mitte reichenden Rassismus und Chauvinismus. Er ist also nicht nur die strategische Reserve der herrschenden Klasse. Er wird auch als Speerspitze des Rassismus gebraucht. Und zwar positiv wie negativ. Einerseits braucht die herrschende Klasse den Rassismus und Chauvinismus zur Spaltung der Arbeiterklasse. Andererseits ist der offene Rassismus die Projektionsfläche, von der sich der klammheimliche Rassismus der bürgerlichen Mitte distanzieren und damit reinwaschen kann.

Genau deshalb hat noch kein bürgerlicher Staat einen ernst zu nehmenden Kampf gegen den Faschismus geführt. Die konservativen Staatsführer mögen daran interessiert sein, die faschistischen Strukturen bis auf weiteres im Zaum zu halten, zerstören wollen sie sie nicht. Totz aller Rufe nach einem NPD-Verbot, ziehen sie einem Verbot die Beobachtung und damit die Koexistenz mit dem braunen Sumpf vor.

Was “Beobachtung” heißt, hat der staatliche Umgang mit dem “Nationalsozialistischen Untergrund” deutlich gemacht: Die massenhafte Anwerbung faschistischer Spitzel dient nicht so sehr der Informationsgewinnung, sondern - neben ein wenig Einschüchterung und Eindämmung der faschistischen Strukturen - nicht zuletzt auch deren Finanzierung.

Darüberhinaus prägen die Berichte und Selbstdarstellungen der faschistischen Spitzel das staatsoffizielle Bild der rechten Szene. Das Selbstbild der Faschisten wird zur bürgerlichen Faschismusanalyse: So behauptet diese Szene seit Jahren, rassistische Morde seien “Einzeltätern” zuzuschreiben — die bürgerlich-demokratischen Staatsführer machen sich diese Behauptung nur zu gern ebenso seit Jahr und Tag zu eigen. So werden rechtsterroristische Strukturen vor polizeilichen Ermittlungen geschützt.

Es geht weder um die “Strukturschwäche” der Geheimdienste noch um organisatorische Defizite der polizeilichen Ermittlungbehörden. Die vom bürgerlichen Staat übernommene Selbstdarstellung des Faschismus, die organisierten Rechtsterrorismus ausschließt und nur die These von Einzeltätern akzeptiert, stößt auf die rassistische Grundströmung der bürgerlichen Mitte. Da die offizielle bürgerliche Gesellschaft systematischen rassistischen Terror gegen Immigranten als Mittel der Politik ausschließt, will sie die Politik der Faschisten in diesem Punkt nicht wahrhaben. Weil sie selbst rassistisch ist, stellt sie Arbeitshypothesen auf, wonach ausländische Kriminelle, womöglich mafiöse Schutzgelderpresser am Werk sein müssen. Demtsprechend wurden die “Döner-Morde” ausländischen Mafiosi zugeschrieben. Da diese Hypothese sich auf nichts stützte als die rassistische Vermutung, daß die Eigenschaft “Ausländer” der Opfer auch auf die Täter zutreffen müsse, konnten die Ermittler nicht fündig werden.

Da das Tatmotiv Terrorisierung der Immigranten gar nicht in Erwägung gezogen wurde, blieb die Tätersuche erfolglos. Mit ineffektiven organisatorischen Strukturen hat das nicht das Geringste zu tun. Was man nicht sucht, findet man in der Regel nicht, allenfalls per Zufall.

Dies läßt nur den Schluß zu, daß Teile des Staatsapparates, insbesonders die Verfassungsschutzämter, die idologischen Vorgaben der braunen Szene teilen und nicht einmal mehr in der Lage sind, sie kritisch zu hinterfragen. Rassismus wird zur Richtschnur vorurteilsgeleiteter Ermittlungen. Wir haben es speziell bei den Verfassungsschutzämtern mit einer Verfilzung und ideologischen Kumpanei zwischen Staatsapparat und faschistischer Bewegung zu tun. Wobei, nebenbei bemerkt, die abstrusen politischen Bewertungen linker Organisationen durch den Verfassungsschutz den Verdacht nähren, dieser könnte insgesamt von Faschisten durchsetzt sein.

Die politische Schlußfolgerung ist einfach: Demokratische Freiheiten sind nur mit demokratischen Methoden zu verteidigen, nicht mit Spitzeln. Der bundesdeutsche Verfassungsschutz schützt nicht “die Demokratie”, er schützt nur die Faschisten. Er muß aufgelöst werden. Sofort!

Dieter Elken, 20.11.2011