Marxisten und ihr Verhältnis zur Sozialdemokratie. Eine Auseinandersetzung mit der französischen Gruppe CRI.
Zwischen der österreichischen Arbeitsgruppe Marxismus (inzwischen Revolutionär-Sozialistische Organisation —RSO) und der Marxistischen Initiative in München wurden schon vor einigen Jahren Kontakte geknüpft, die zu gemeinsamen Gesprächen und zur Teilnahme Münchener Genossen an AGM-Seminaren und Veranstaltungen führten.
Im Frühjahr 2007 wurde zwischen den beiden Organisationen verabredet, eine systematische Diskussion zu beginnen. Vereinbart war für den Diskussionsprozeß zwischen den beiden Gruppen, daß sich beide Seiten parallel zueinander zunächst mit dem Parteiaufbaukonzept der Gegenseite befassen sollten.
Diese Festlegung war übrigens nicht sehr glücklich, weil von Seiten der MI hierzu noch keine ausgearbeiteten Texte vorlagen, so daß es von Beginn an schwierig werden sollte, die Diskussion thematisch zu strukturieren.
Die RSO eröffnete dementsprechend die Diskussion mit einem Brief, der sich mit dem Aktionsprogramm der MI, der Einschätzung der innenpolitischen Lage in unserem Papier “Bürgerliche Reformpolitik oder Sozialismus?” und unseren Thesen zur Entwicklung des Kapitalismus in seiner Niedergangsphase, dem Imperialismus, befaßte.
Die Leitung der MI entschloß sich dann, diesen Brief umgehend zu beantworten und die bereits zuvor geschriebenen Papiere zu den Parteiaufbaukonzepten dem Antwortschreiben als Anhänge beizufügen. Die Papiere waren von uns einstimmig verabschiedet worden.
Wir, die Leitung der MI, haben daher im Juli die Diskussion eröffnet mit den folgenden Papieren (Brief + 2 Anhänge):
Das zweite Papier stellt in erster Linie einen Versuch dar, für die Marxistische Initiative in positiver Weise ein Konzept zu formulieren. Auf die RSO wird nur nebenbei eingegangen. Soweit die RSO kritisiert wird, stützt sich die Kritik ausschließlich auf die unter der web-Adresse http://www.sozialismus.net/content/view/728/128/ veröffentlichten, 2004 von der Arbeitsgruppe Marxismus verabschiedeten “Thesen zu revolutionärer Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit”. Diese Thesen werden, wie sich aus der Tatsache ergibt, daß sie auch Grundlage der Fusion zwischen der AGM und der AL zur RSO waren, immer noch als Grundlagenpapier angesehen.
Auch im Papier Aufbau der revolutionären Partei und Klasse heute haben wir in den ersten drei Punkten versucht, in positiver Weise das leninistische Konzept des Parteiaufbaus für unseren kleinen Zirkel in Grundlinien zu skizzieren. Nur im Punkt 4 wird (auf eineinhalb) Seiten ein internes Papier der RSO kritisiert, insbesondere deren Vorstellung zur Frage des Aufbaus einer Internationale. Irgendwelche Details der RSO-Vorhaben, schon gar keine sicherheitsrelevanten Details, wurden weder direkt noch indirekt zitiert. (Dokumentenanhang 3)
In unserer Antwort auf das erste Schreiben der RSO-Leitung haben wir uns zudem noch auf die Grundsatzerklärung der AGM bezogen, die ebenfalls auf der homepage der RSO veröffentlicht ist.
Die RSO hat unsere Papiere mit einem Antwortpapier vom 04.09.07 beantwortet, überschrieben mit: “Zu den Schreiben der MI zum Organisationsaufbau”. In dieser Antwort, die mit einer Kritik an unserem Aktionsprogramm beginnt und wohl so etwas wie eine Generalabrechnung mit der MI darstellen soll, erklärte die RSO, daß sie “die Art” unserer Texte für “unangebracht und einige Stellen ausgesprochen ärgerlich” findet und deren Ton “aufgeregt-moralisierend”. Zugleich erklärte die RSO in einer Begleit-Mail die “Annäherungsdiskussion” mit der MI mit sofortiger Wirkung für beendet. (Da wir Urheberrechte respektieren, können wir diesen Text leider nicht veröffentlichen).
Wir, die Leitung der MI, haben auf diese Generalabrechnung der RSO dennoch mit einem längeren Brief (vom 13.12.07) geantwortet (Dokumentenanhang 4). Wir haben darin zu den meisten der durch die RSO aufgeworfenen Fragen noch einmal Stellung genommen und kündigten an, unseren Part dieser Debatte der interessierten Öffentlichkeit zugänglich machen zu wollen — ohne jedoch die Urheberrechte der RSO zu verletzen, die ihre Beiträge offenbar nicht für veröffentlichungsreif hält. Wir gehen jedenfalls davon aus, daß die in dieser sehr kurzen und völlig unnötigerweise abgebrochenen Debatte aufgeworfenen inhaltlichen Kontroversen einige wichtige Grundfragen sozialistischer Politik ansprechen und daher interessant genug sind, sie der politisch interessierten linken Öffentlichkeit bekannt zu machen.
Die RSO hat dem Übersender des letzteren Schreibens daraufhin in einer Antwort erklärt, daß sie ihm für die Zukunft alles Gute Wünsche und den Brief mit einem “hochachtungsvollen” Gruß beendet. Sie fügte hinzu, daß sie die Veröffentlichung der Debatte weiter strikt ablehnt und daß die Veröffentlichung dieser Kritiken aus ihrer Sicht die Grundlagen für ein jede solidarische Zusammenarbeit “völlig zerstören” würde.
Anderen Mitgliedern der Leitung der MI teilte sie parallel dazu mit, daß die Marxistische Initiative für sie keine funktionierende Organisation sei, daß sie der Fusion der Münchener Gruppe der MI mit dem Berliner Arbeitskreis Marxistische Theorie und Politik, die von einem “gescheiterten Sektierer” mit einer “verknöcherten Politik” geführt worden sei, von Anfang an skeptisch gegenübergestanden hätte und sich nun bestätigt sähe. Letzterem Leitungsmitglied unterstellte die RSO, alle Diskussionspapiere der MI allein, eigenmächtig und an anderen Leitungsmitgliedern der MI vorbei verfaßt zu haben und erklärte, das Schreiben der MI vom 13.12.07 sei “substanz- und niveaulos” und durchsetzt von “Realitätsverlust”. Der Verfasser habe die Differenzen verschärft und damit den Diskussionsprozeß torpediert. Den vermeintlich hieran unbeteiligten Leitungsmitgliedern sowie den Münchener Genossen der MI bot die RSO dann an, mit ihnen weiter zu kooperieren.
Aus unserer Sicht war das ein (dilettantischer) Versuch, die Marxistische Initiative zu spalten. Das ist nicht gerade das, was wir für eine Demonstration solidarischer Diskussionskultur halten. Im übrigen bedauern wir, daß die RSO ganz offenbar nicht mit Kritik umgehen kann. In einer Debatte sind Mißverständnisse unserer Ansicht nach dazu da, ausgeräumt zu werden und Differenzen müssen bewußt gemacht werden, wenn sie überwunden werden sollen. Akribie in theoretischen Fragen ist deshalb die Voraussetzung für einen soliden Fusionsprozeß und keine Sabotage. Wir sehen uns hier in der Tradition Lenins. Wir kehren Differenzen nicht unter den Teppich der Nichtöffentlichkeit.
Nach dem Abbruch der Diskussion durch die RSO sehen wir überhaupt keine Legitimation mehr dafür, die Diskussion nicht-öffentlich zu halten, zumal die Beiträge beider Seiten zu keinem Zeitpunkt eine Rechtfertigung dafür erkennen ließen, die linke Öffentlichkeit aus dieser Debatte auszuschließen. Wir hatten uns schon in unserer Erwiderung auf das erste Schreiben der RSO für möglichst öffentliche Diskussionen ausgesprochen. Weder Geheimniskrämerei noch Geheimdiplomatie sind unserer gemeinsamen Sache förderlich. Wir würden jedenfalls eine auch durch die RSO politisch geführte Auseinandersetzung willkommen heißen.
Die Leitung der MI, 13.01.2008
RSO: Dokumentenanhang 1
Antwort-Brief an die RSO (mit Erläuterungen zu unserem Aktionsprogramm, Ausführungen zum Charakter der Epoche und zur Interpretation des Übergangsprogramms)
Online seit: 29.04.2009
RSO: Dokumentenanhang 2
Parteiaufbau heute- mit Anmerkungen zum Konzept der RSO (ebenfalls Juni 2007)
Online seit: 29.04.2009
RSO: Dokumentenanhang 3
RSO: Dokumentenanhang 4
Zeitzone: Mitteleuropäische Sommerzeit
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